Polizeipräsident Uwe Jacob "Die Bürger können sich sicher fühlen"

Leverkusen · Polizei im Dauereinsatz - 1000 Einätze gibt es täglich im Präsidiumsbereich. Neue Kriminalitätsformen im Netz machen Sorgen. Die Zahl der Einbrüche wurden halbiert, die Drogenszene am Forum ist beruhigt, sagt der Polizeipräsident.

 Polizeipräsident Uwe Jacob besuchte gestern unsere Redaktion an der Bahnhofstraße in Opladen.

Polizeipräsident Uwe Jacob besuchte gestern unsere Redaktion an der Bahnhofstraße in Opladen.

Foto: Foto Uwe Miserius

Leverkusen Seit Juli 2017 ist Uwe Jacob Polizeipräsident in Köln. Der vormalige LKA-Chef folgte Jürgen Mathies, der als Staatssekretär ins Innenministerium wechselte. In der Silvesternacht hatte Jacob seine Bewährungsprobe bestanden. Bei einem Redaktionsbesuch beantwortete Jacob, der für Köln und Leverkusen zuständig ist, unsere Fragen.

Ihre Mitarbeiter schieben derzeit 800.000 Überstunden vor sich her. Wie wollen Sie die abbauen?

Jacob Das Ministerium hat erstmals alle Überstunden landesweit erhoben. Da war Köln/Leverkusen mit einem erheblichen Teil vertreten. Das ist nicht verwunderlich, denn hier ist einiges los. Jeden Tag rund 1000 Einätze, 400 Straftaten und 200 Unfälle in Köln und Leverkusen. Beim Überstundenabbau hoffen wir auf Entlastung durch die Landesregierung. Es sollen jährlich 2300 neue Beamte eingestellt werden. Zusätzliche Regierungsangestellte sollen die Polizei entlasten, etwa in den Radarwagen, bei Bürotätigkeiten oder der Tatortaufnahme. Auch wurde Geld für auszahlungsfähige Überstunden bereitgestellt.

Die Polizei hat in Köln eine kurdische Großdemo aufgelöst, nachdem verbotene Fahnen des inhaftierten Kurdenführers Öcalan gezeigt wurden. Die Stimmung in kurdisch-türkischen Kreisen bleibt aufgeheizt. Weitere Demos sind zu erwarten. Wie ist Ihre Strategie? Wann sind Verbote im Vorfeld sinnvoll und möglich?

Jacob Ich habe Verständnis für die Kurden und dafür, dass sie emotional bewegt sind. Wir haben in Köln und Leverkusen fast jeden Tag solche Demos, von kleinen bis hin zu diesen großen. Jeder kann in Deutschland demonstrieren, aber muss er sich an Regeln halten. Das Zeigen von Öcalan-Darstellungen bei Versammlungen ist nach derzeitiger Rechtslage verboten. Diesbezüglich prüfen wir mit Blick auf die Demonstration vom vergangenen Samstag Verstöße gegen das Vereins- und Versammlungsgesetz. Darauf hatten wir die Veranstalterin im Vorfeld klar hingewiesen. Das Zeigen der Fahnen nach Beginn der Demo war eindeutig organisiert. Es wurden hunderte Fahnen aus Fahrzeugen angeliefert und in den Zug gebracht. Wir haben die Veranstalterin angewiesen, das zu unterbinden. Als das nicht erfolgte, haben wir die Versammlung aufgelöst. Inzwischen haben wir als 40 Strafverfahren eingeleitet. Demonstrationen werden angemeldet, sie müssen nicht genehmigt werden. Die Hürden für Verbote sind sehr hoch. Die Gefahr muss sehr konkret und groß sein. Wir hatten über ein Verbot nachgedacht, doch die vorliegenden Erkenntnisse haben im Vorfeld aus unserer Sicht nicht für ein Verbot gereicht.

Der Polizeiberuf wird offenbar immer gefährlicher. In dieser Woche wurde bekannt, dass ein Bundespolizist aus Mönchengladbach vor seiner Haustür massiv von in Deutschland lebenden Islamisten bedroht wurde, weil er an Abschiebungen beteiligt war. Er muss von Kollegen geschützt werden. Wie denken Sie darüber?

Jacob Das ist zum Glück ein sehr seltener Fall. Wir müssen allerdings immer wieder Mitarbeiter schützen, etwa Verdeckte Ermittler oder Sachbearbeiter in der Organisierten Kriminalität. Dass Strafverfolger persönlich bedroht werden, bleibt aber die Ausnahme.

Wie ist die Polizei im Hinblick auf die anstehenden Karnevalszüge aufgestellt?

Jacob Wir werden fast so stark sein wie letztes Jahr. Besonders ist, dass wir auch Polizeischüler einsetzen, um möglichst viel Präsenz zu zeigen, allein 200 in Köln. In Zahlen bedeutet das für die tollen Tage: Am Donnerstag, Sonntag und Rosenmontag zwischen 1200 und 1600 Polizisten pro Tag in Köln, am Freitag 100 für den Zug in Hitdorf, am Samstag 190 für den Fußballeinsatz und den Zug in Schlebusch, am Sonntag 25 für den Wiesdorfer Zug und Rosenmontag in Opladen nochmal 80 Beamte. Wir haben derzeit keine Hinweise auf eine besondere Gefahrenlage. Eine hohe abstrakte Gefährdung bleibt aber. Wir müssen also gut vorbereitet sein.

Sie haben in Köln alle Hände voll zu tun, sind aber auch für Leverkusen zuständig. Welche Kriminalitätsschwerpunkte sehen Sie in unserer Stadt?

Jacob Wie in anderen Städten ist es die Kriminalität, die die Menschen besonders betrifft: Straßenkriminalität, wie Körperverletzung und Raub, und Wohnungseinbrüche. Die Einbrüche sind übrigens deutlich zurückgegangen. Wir konnten ihre Zahl in den vergangenen zwei Jahren mehr als halbieren. Von den übrigen bleiben 40 Prozent im Versuch stecken. Hinzu kommen aber neue Kriminalitätsformen wie Cybercrime. Fast alle Straftaten aus der analogen Welt gibt es auch im Internet. Die Beleidigung am Gartenzaun läuft über Facebook, der Betrug über Ebay. Doch sind die Menschen darauf nicht eingestellt. Das gilt übrigens auch für Unternehmen, vor allem die kleineren und mittleren. Dort kann ein Cyberangriff zum Bankrott führen.

Wie steht es um die Drogenszene am Forum?

Jacob Aus unserer Sicht ist das kein Brennpunkt mehr. Als das Thema hochkam, haben wir den Kontrolldruck erhöht. Dieser schnelle Einsatz von Stadt und Polizei hat offenbar gewirkt.

Sind die Pläne, die Opladener Wache in die Bahnstadt zu verlegen, noch aktuell?

Jacob Es gab in der Wache am Markt undichte Wasserrohre und alte Anstriche. Das ist behoben. Wir sind mit der Stadt im Gespräch über einen möglichen neuen Standort. Es gibt dazu auch taktische Überlegungen. Entschieden ist aber nichts.

In Schlebusch gibt es einen Rockerclub der Bandidos. Wie gefährlich ist er?

Jacob Das ist nur ein Ableger aus Köln, ein Ausweichquartier. Es hat dort einen SEK-Einsatz gegeben, auch gab es Schüsse auf ein Wohnhaus. In Leverkusen selbst gibt es aber keine Rockerzene. Rocker begehen meist szenetypische Straftaten, gehen aber nicht auf die Bevölkerung los. Die Bürger können sich sicher fühlen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN B.BUSSANG, P. CLEMENT UND L. HAUSER

(RP)
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