Leverkusen Der Tiger streift jetzt wieder durchs Museum

Leverkusen · Über und von den "Giganten des Rheinlandes" - Ausstellung "Schöne Bescherung" im Museum Morsbroich.

Als junge Studenten waren Sigmar Polke und Gerhard Richter, die sich 1962 an der Düsseldorfer Akademie begegneten, eng befreundet. Als sie im Sommer 1966 in Hannover ihre erste gemeinsame Galerieausstellung hatten, machten sie sich keinerlei Hoffnung, auch nur ein Bild zu verkaufen. Damals ahnte niemand, dass sie beide einmal als "Giganten des Rheinlands" Kunstgeschichte schreiben würden.

Nach der Ausbildung gingen sie unterschiedliche Wege, doch lässt sich eine Geistesverwandtschaft auch in späteren Jahren ausmachen. Diese hebt die aktuelle Ausstellung "Schöne Bescherung" mit Werken von Sigmar Polke und Gerhard Richter in der Grafikabteilung des Museums Morsbroich ab, die morgen eröffnet wird, 50 Jahre nach der ersten öffentlichen Schau. In diesem Zusammenhang ist auch Richters "Tiger" zu sehen, das wohl kostbarste Bild in der eigenen Sammlung. Der damalige Direktor Dr. Rolf Wedewer kaufte es 1968 für 9000 Mark an, was drei Jahre nach der Entstehung und lange vor dem Durchbruch des noch jungen Künstlers keine kleine Summe war.

Heute würde es bei einer Auktion vermutlich einen zweistelligen Millionenbetrag erzielen, schätzt Kurator Dr. Fritz Emslander auf Nachfrage. "Dank eines privaten Mäzens konnte der Tiger neu gerahmt werden", sagt Museumsleiter Dr. Markus Heinzelmann. Es hat entspiegeltes, verstärktes Glas, neues Holz und einen Rückseitenschutz bekommen. Im Umfeld des Bildes sind viele sehenswerte Arbeiten aus der eigenen Sammlung ausgestellt. Etwa die frühen Zeichnungen und Aquarelle von Richter sowie auch seine großformatige Teydelandschaft von 1971 oder die perfekte weiße "Wolke", die Richter wenige Meter über dem Meer vor perfektem Himmel schweben lässt. Eine meteorologische Unmöglichkeit. In den Neunzigern endet der eigene Fundus. Das Museum hatte kaum noch Mittel für Anschaffungen, 2004 wurde der Etat komplett gestrichen. Zwei Drittel der Ausstellung wurde von privaten Leihgebern aus NRW und Italien zusammengetragen - unter anderem das Klebebuch "Weihnachten 1985", von dem hier Prints von allen Seiten ausgestellt sind. Es sind eingeklebte Zeitungsausschnitte, die Polke mit Tusche und Zeichenstift kritisch ironisch ergänzte. Der Ausstellungstitel, der unterschiedliche Assoziationen freisetzt, ist ein Zitat daraus. Im langen Raum verzahnen sich die beiden Wege der Ausstellung, deren Auftakt eine Vitrine mit dem alternativen Katalog von 1966 bildet. Zeugnisse, wie sich Polke und Richter selbst inszenierten. Nicht mit Anzug und Krawatte, sondern in der Badewanne oder in Hotelbetten.

Sowohl Polke als auch Richter haben die Klecksografie als Gestaltungsprinzip benutzt. Polke ließ 1985 Farbe auf und durch einen Stenoblock laufen, ergänzte die Flecken durch Zeichnungen oder skurrile Notizen. Richter nutzte 20 Jahre später das Durchdringen von Farbe, so dass auf der Rückseite ein zweites Bild entsteht, in seiner Serie "November".

Ausstellungseröffnung Morgen, 13. März, 12 Uhr, Museum Morsbroich, Gustav-Heinemann-Straße 80. Geöffnet (bis 28. August): Di bis So 11 bis 17 Uhr, Do bis 21 Uhr. Mo geschlossen.

(mkl)
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