Leverkusen Bridge - ein knallharter Denksport

Leverkusen · Michael Gromöller ist Europameister und Weltmeister als Jugendtrainer. Ein Welttitel als Spieler wird ihm verwehrt.

Manche verbinden mit Bridge vielleicht ein Kaffeekränzchen älterer Damen. Tatsächlich ist Bridge, ähnlich wie Schach, harter Denksport. Der Wahl-Leverkusener Michael Gromöller ist vielfacher Deutscher Meister, dazu Europa-Meister als Spieler und Weltmeister als Coach einer Jugendmannschaft. Und er ist Mitglied der deutschen Nationalmannschaft. Nachdem er mit dem Team den fünften Platz der Europa-Meisterschaften belegte, nominierte ihn der Deutsche Bridge-Verband zur Teilnahme an der Bridge-Weltmeisterschaft vom 12. bis 22. August in Lyon (Frankreich). Insgesamt 22 Mannschaften treffen dort aufeinander. Europa stellt sechs Teams und damit das zweitgrößte Kontingent neben Amerika. Dass aus der Teilnahme nun nichts werden soll, kann der 52-Jährige nicht so richtig nachvollziehen.

Es passierte Mitte Juni in Italien. Gromöller - der gelernte Kaufmann spielt Bridge seit seinem 14. Lebensjahr - war Teilnehmer eines internationalen Turnieres, als er sich über den "seltsamen Spielzug" seiner amerikanischen Gegnerin wunderte und nachfragte, wie sie darauf komme. Statt einer Antwort fragte sie ihn, ob er denke, sie würde betrügen. Darauf antwortete Gromöller mit "Ja".

Als erste Konsequenz wurde er spontan vom restlichen Turnier ausgeschlossen, später auch vom Bridge-Verband wegen "unangemessenem Verhalten" von der WM-Teilnahme entnominiert. "Die Bemerkung war nicht schön von mir, das gebe ich gerne zu", räumte Gromöller ein. Aber sie sei auch kein großes Verbrechen, die den Ausschluss rechtfertigte. Diese Maßnahme halte er für "übertrieben". Außerdem habe er in 30 Jahren Bridge "schon wesentlich Schlimmeres am Bridge-Tisch erlebt". Die Statuten des Bridge-Verbandes besagen, dass sich Gegner höflich und fair gegenübertreten sollen. Diese obligatorische Regel gilt weltweit, wie bei jeder anderen Sportart auch. Gegen dieses Prinzip habe er nicht verstoßen, beteuert Gromöller.

Jetzt beschäftigt sich ein Sportgericht mit dem Vorfall. Gromöller hofft, dass die Entscheidung schnell fällt. Dürfte er nicht antreten, bräuchte sein Team einen Ersatz. Das ist nicht ganz einfach, zumal es nur sechs Spieler in der Nationalmannschaft gibt. Pro Tag spielen immer vier gleichberechtigte Partner rund acht bis neun Stunden gegen die Kontrahenten.

Bei der Weltmeisterschaft anzutreten, sei einst sein großer Traum gewesen, offenbarte der Leverkusener, der öfter mal Dinge anspricht, die man im Verband nicht so gerne hören möchte. Diesen Traum habe er sich zwischenzeitlich sogar schon zweimal erfüllen können. Nun wäre er der einzige Deutsche, der drei Turniere in Folge spielen könnte. Falls das Triple nicht gelingt, hat sich Gromöller alternativ überlegt: "Dann fahre ich zur deutschen Meisterschaft, die bedauerlicherweise zeitgleich mit der Weltmeisterschaft ausgetragen wird."

(gkf)
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