Analyse "Betriebsausflug" für 300 Flüchtlinge

Leverkusen · Asylbewerber werden zu Hunderten und Tausenden durchs Land geschickt, um sich registrieren zu lassen. Mobile Einsätze seien aus Datenschutzgründen computertechnisch nicht möglich, argumentiert die Bezirksregierung Arnsberg.

Analyse: "Betriebsausflug" für 300 Flüchtlinge
Foto: Heinz-Friedrich Hoffmann

Wie in der Bibel ... "auf dass sie gezählet würden" mussten am Montag 300 Flüchtlinge aus der Notunterkunft an der Görresstraße mal eben kurz nach Münster und wieder zurück gebracht werden - lediglich, um sie zu registrieren. Nun bedarf es zunächst einmal der mannigfachen Erläuterung, wenn 300 Flüchtlinge "aus aller Herren Ländern" in Busse gesetzt und am selben Tag wieder an ihren Ursprungsort zurückgebracht werden. Abgesehen davon, dass sich solches Vorgehen auch auf Deutsch nur schwer erklären lässt, ist es auch teuer.

Und es ist nicht nur ein Schildbürgerstreich, der in Leverkusen spielt. Es ist das Prozedere der Bezirksregierung Arnsberg. Die erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, weshalb nicht ein paar Bedienstete zum Registrieren der Flüchtlinge in die Kommunen geschickt werden: Das sei technisch nicht möglich, nicht alle Notunterkünfte verfügten über die Computeranschlüsse und die Datensicherheit, die das Bundesprogramm zur Registrierung der Flüchtlinge benötige, sagt Ralf Ciekanowski von der Pressestelle der Bezirksregierung Arnsberg. Man habe anfangs versucht, mit mobilen Teams die Unterkünfte abzufahren, das sei aber bei der Menge von Flüchtlingen inzwischen nicht mehr möglich. Normalerweise würden die Flüchtlinge aber nach ihrer Registrierung weiter verteilt und nicht in die Aufnahmestadt zurückgeschickt, räumt er ein. "Es ist natürlich ärgerlich, wenn die Flüchtlinge hin- und hergefahren werden", gibt der Regierungssprecher zu. Unerklärlich bleibt aber für eine Stadt wie Leverkusen und viele andere mehr, weshalb es der jeweiligen Bezirks- und Landesregierung nicht möglich zu sein scheint, die Städte besser zu informieren. Es kann doch nicht erst bei der Registrierung klar sein, wie viele oder dass gar alle Flüchtlinge in eine Stadt sofort wieder zurückgeschickt werden. Im Zeitalter von Mail und Handy muss es doch möglich sein, den kurzen Draht zu Kommunen zu halten und schneller zu informieren - auch ob Familien oder vorwiegend Einzelpersonen entsandt werden.

Das ändert sich allerdings nicht, denn die Städte, so wie Leverkusen, sind an die Weisungen des Landes ebenso gebunden wie an ein solches Prozedere, wie nun beim "Betriebsausflug" für 300 Flüchtlinge erlebt. Die Kosten für insgesamt bis zu 600 Busfahrten täglich zur Registrierung - diese Zahl nannte Ciekanowski gestern - gehen aber auf das Konto der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen.

Diese Menschen helfen Flüchtlingen
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Und wenn es tatsächlich in einer Notunterkunft keine Computeranschlüsse geben sollte, dann könnten die Flüchtlinge immer noch von Landesmitarbeitern in den jeweiligen Rathäusern und Stadtverwaltungen registriert werden. Doch so bleibt es bei auch in Leverkusen bei biblischen Verhältnissen im Jahr 2015 nach Christi Geburt.

(RP)
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