Leverkusen Berührendes Gedenken zum 9. November

Leverkusen · Seit 22 Jahren veranstalten Landrat-Lucas-Gymnasium, Musikschule Leverkusen und Evangelische Kirchengemeinde in Quettingen am 9. November einen Abend zum Gedenken an die Holocaustopfer. In den Programmen mit Texten, passender Musik und Bildern kamen Zeitzeugen zu Wort mit persönlichen Erinnerungen, die das Geschehene viel eindringlicher und emotionaler vermitteln als Geschichtsbücher. Es waren unvergessliche Begegnungen, insbesondere für die Schüler, die den Abend vorbereitet hatten. Doch inzwischen gehen die Zeitzeugen aus, viele sind schon gestorben andere trauen sich eine solche anstrengende und aufwühlende Veranstaltung nicht mehr zu.

 Lorenz Beckhardt sprach in der Quettinger Kirche.

Lorenz Beckhardt sprach in der Quettinger Kirche.

Foto: Sandel (Archiv)

Jetzt ist es die Sache der nächsten Generation, für das Gedenken zu sorgen, die Erlebnisse dieses ungeheuerlichen Stückes deutscher Geschichte von Mensch zu Mensch weiterzugeben, damit sich so etwas nie mehr wiederholt. Mahnen, erinnern, aufklären will Lehrer Klemens Büsch, der den Abend mit einer Schülergruppe vorbereitete. Vor drei Jahren war Kurt Beckhardt in der Quettinger Kirche zu Gast und ließ sich von Fünftklässlern interviewen. Er erzählte damals, wie er als Zwölfjähriger mit einem Kindertransport nach England kam und die Bedrückung, die der Judenjunge in Deutschland erfahren hatte, von ihm abfiel. Allerdings in der Ungewissheit, ob er seine Eltern je wiedersehen würde.

Kurt Beckhardt ist vor einigen Monaten gestorben. Stellvertretend kam nun sein Sohn Lorenz, der die Holocaust-Geschichte seiner Familie in dem Buch "Der Jude mit dem Hakenkreuz" aufgeschrieben hat. Als WDR-Redakteur vermittelte er die Verfilmung. Lorenz Beckhardt hat erst als Abiturient erfahren, dass er jüdischer Abstammung ist. Er habe eine typisch katholische Karriere mit Internat und als Messdiener gemacht, erzählte er, sich aber inzwischen zum Judentum bekannt. Bei der Lesung aus seinem Buch konzentrierte er sich vor allem auf die letzten Kapitel über die 1950er Jahre, als die Familie des Vaters in ihr hessisches Dorf zurückgekehrt war, wo sie weitere Ungerechtigkeiten erlebte. Haus und Geschäft hatten andere übernommen, Juden wurden weiter diffamiert.

"Wie kann man den Antisemitismus abschaffen?", fragte ein Schüler anschließend. Das gehe genauso wenig, wie man die Dummheit abschaffen kann, antwortete der Autor. Helfen können Veranstaltungen wie diese und die Kontakte, die Gruppen wie Crazy Freylach mit Hilfe der Musik versuchen. Sie haben den Klezmer veredelt und mit jiddischen Liedern kombiniert. Kurz nach der Rückkehr von einer Konzertreise nach Israel, wo es durch die Musik zur Begegnung mit Holocaustüberlebenden kam, bereicherten sie den Abend mit Klezmer-Musik in ausgesprochen emotionaler Bandbreite von Trauer bis Euphorie.

(mkl)
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