Leverkusen Bayer irritiert über Pleitgens Hilfsappell

Leverkusen · Der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat den Chemiekonzern aufgefordert, das Schloss zu retten.

Der Applaus war ihm sicher: Als der frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen am Sonntag bei der Preisverleihung des "Gargonza Arts Award" ausgerechnet im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich als Schirmherr das Mikrofon ergriff, nutzte er die Örtlichkeit gezielt für einen öffentlichkeitswirksamen Appell zu Rettung der vom Rotstift bedrohten Kulturstätte.

Er sei zum zweiten, aber hoffentlich nicht letzten Mal im Schloss, begann er. Es wäre ein Jammer, wenn Schloss Morsbroich als ein Ort hoher Kultur verloren ginge.

Dann kam der wohlgesetzte Stich mit dem Florett: Er verstehe ja, wenn er höre, in welchen finanziellen Nöten sich die Stadt Leverkusen befinde. Aber wenn er die Leistungen "des hiesigen Weltkonzerns" betrachte, dessen Haushaltslage sehr gut sei, sagte Pleitgen mit Nachdruck, könne er nur "empfehlen, "dass dieser Konzern nicht nur einen Fußballclub unterhält, sondern dieses wunderbare Schloss als einen öffentlichen Ort der kulturellen Begegnung und Weiterentwicklung erhalten möge. Dies ist, in leisen Worten gesagt, ein dringender Appell an die Konzernleitung."

Dort löste der Vorstoß gestern offenbar eher Irritation aus. Thomas Helfrich, Chef der Bayer-Kulturabteilung, fand gestern deutliche Worte: "Herr Pleitgen weiß sehr genau, dass Bayer in Leverkusen nicht nur in Fußball investiert, sondern pro Jahr 120 Kulturveranstaltungen organisiert, darunter drei Kunstausstellungen", sagte er gegenüber unserer Redaktion. Immerhin habe der WDR-Mann zur 100. Theaterspielzeit von Bayer Kultur den Festvortrag gehalten.

Jetzt so zu tun, als müsse Bayer nur die Schatulle öffnen, und alles sei gut, gehe deutlich an der Realität vorbei. "Wir tun enorm viel für die Kultur in Leverkusen", betonte Helfrich. Und man sei zurzeit auch mit Oberbürgermeister Uwe Richrath im Gespräch: Die Arbeit der örtlichen Stadt zu machen, sei allerdings "nicht unsere Aufgabe", stellte der Bayer-Kulturchef klar. Der Konzern habe immerhin Standorte in mehr als 50 Ländern rund um den Globus.

Die Wirtschaftsprüferfirma KPMG hatte im Auftrag der Gemeindeprüfungsanstalt NRW ein Gutachten zum Optimierungspotenzial bei der KulturStadtLev erstellt.

Die Stadt Leverkusen hatte am 22. Februar ihr "Girokonto" um rund 308 Millionen Euro überzogen. Damit nähert sich Leverkusen dicht der bisher genehmigten Grenze von 350 Millionen Euro.

Die Idee der KPMG-Unternehmensberater, das Museum zu schließen, war ein Paukenschlag, der bundesweit gehört wurde und längst nicht verhallt ist. "Aber es ist eben auch nur eine Idee", sagt Thomas Helfrich: Ob sie jemals Wirklichkeit werde, hänge von den künftigen politischen Entscheidungen ab.

(RP)
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