Leverkusen. 60 Jahre für den Schutz hilfebedürftiger Tiere

Leverkusen. · Der Tod dreier verhungerter Dohlen, die in Schlebusch aufgefunden wurden, gab den Ausschlag. Daraufhin beschlossen Tierschützer am 9. Oktober 1957 die Gründung eines Tierschutzvereins.

 Gerd Kortschlag beim Rundgang mit Gästen. Vorne links: Jenny aus Ungarn war früher ein Kettenhund.

Gerd Kortschlag beim Rundgang mit Gästen. Vorne links: Jenny aus Ungarn war früher ein Kettenhund.

Foto: uwe miserius

Die praktische Arbeit begann in einer Baracke in der Nähe des Silbersees und führte über ein Tierheim in der Alte Landstraße bis ins heutige Domizil Reuschenberger Straße 100. Daran erinnerte Vereinsvorsitzender Gerd Kortschlag gestern im Beisein zahlreicher Ehrengäste, als im eigens aufgebauten Festzelt das 60-jährige Vereinsbestehen gefeiert wurde.

Als großen Erfolg wertete Kortschlag die Entscheidung der Stadt, dem Antrag des Tierschutzvereins zu folgen und eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen im Stadtgebiet einzuführen. Es sei ein Irrglaube zu denken, verwilderte Hauskatzen, die irgendwann von ihren Haltern entweder rausgeschmissen oder beim Umzug "vergessen" wurden, könnten sich selber ernähren und kämen irgendwie schon durch. "Im Gegenteil", so Kortschlag, "diese Tiere leiden unsäglich durch Mangelernährung, Parasiten und unbehandelte Krankheiten." Zugleich erinnerte der Vorsitzende daran, dass der Tierschutzverein mit eigenem Tierheimbetrieb ein Wirtschaftsunternehmen sei. Viele ähnliche Vereine ständen vor dem finanziellen Ruin und müssten ihren Betrieb, wenn sie nicht mehr Unterstützung bekämen, über kurz oder lang einstellen. Damit das in Leverkusen nicht geschehe, habe er Gespräche mit Vertretern der Stadt und politischen Gremien geführt. "Es kann nicht sein", unterstrich Kortschlag, "dass ein privater Verein die Pflichtaufgaben der Kommune übernimmt und dann versucht, dies mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen abzudecken. Hier ist die Stadt gefordert, ihren Beitrag zu leisten und die von ihr in Anspruch genommene Dienstleistung adäquat zu bezahlen." Oberbürgermeister Uwe Richrath deutete an, der Rat werde wohl zustimmen. Er werde jedenfalls alles in seiner Kraft stehende tun, um den Verein entsprechend zu unterstützen. Ehe Tanja Behnke demonstrierte, wie man Hunde mit viel Liebe und kleinen Tricks gut beschäftigen kann und weitere Programmpunkte folgten, hatte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, das Wort. Er sprach den Gründern zunächst seine Anerkennung aus, die sich frühzeitig um jene Kreaturen kümmerten, die selber keine Stimme haben. Obwohl deren Schutz im Grundgesetz verankert sei, werde dieses Recht täglich gebrochen, kritisierte Schröder. Die Beseitigung von Milchvieh aus ökonomischen Gründen, das Kupieren von Ferkeln, also das Abschneiden der Ringelschwänze, oder die Vernichtung von männlichen Küken seien nur einige Beispiele.

Überdies sprach sich Schröder gegen Tierversuche aus ("Tiere leiden zu lassen, dürfen wir nicht akzeptieren"), gab dem Wolf eine Lobby ("Der Wolf gehört zu Deutschland") und riet der Politik, das Jagdgesetz so zu lassen, wie es ist. Den caritativen Tierschutz bezeichnete er als "Ausputzer staatlichen Versagens". Über Kommunen schimpfte er: "Sie nehmen jährlich horrende Summen durch Hundesteuer ein. Es ist schäbig, die Tierheime zu Bettlern zu degradieren, wenn es um ein paar Cent geht". Als Geschenk überreichte er Futter im Warenwert von 2000 Euro. Kommentar von Kortschlag: "Futter ist wichtig. Aber ich kenne keinen Tierarzt, der sich mit Futter bezahlen lässt. Wir brauchen Geld."

(RP)
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