Leverkusen/Köln 3000 Terror-Hinweise in einem Jahr

Leverkusen/Köln · Im Bezirk des Kölner Polizeipräsidiums soll es etwa ein Dutzend Gefährder geben. Die Behörde hat die zuständige Staatsschutz-Abteilung personell aufgestockt.

Eine schwer bewaffnete Terrorschutzpatrouille am Kölner Flughafen - die Polizei ist vor dem Hintergrund einer vermehrten Gefährdung durch islamistische Gewalttäter zunehmend gefordert.

Eine schwer bewaffnete Terrorschutzpatrouille am Kölner Flughafen - die Polizei ist vor dem Hintergrund einer vermehrten Gefährdung durch islamistische Gewalttäter zunehmend gefordert.

Foto: imago

Der Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri, der mit einem Lkw in eine Menschenmenge raste, oder auch der jüngste Fall eines Messer-Attentäters in einem Hamburger Supermarkt haben die Aufmerksamkeit der Bevölkerung weiter verstärkt. So gingen im Jahr 2016 im Polizeipräsidium Köln, das auch für Leverkusen zuständig ist, insgesamt rund 3000 Hinweise auf mögliche islamistische Terroristen ein. Diese Zahl nannte Polizeisprecher Karlo Kreitz auf Anfrage. Eine besondere Erfassung für Leverkusen gibt es nicht. Angaben zu polizeibekannten Gefährdern, die teilweise auch überwacht werden, wollte Kreitz aus taktischen Gründen nicht machen. Nach unbestätigten Pressemeldungen sollen es im Kölner Polizeibezirk rund ein Dutzend sein. Die Kölner Polizei habe aufgrund des steigenden Arbeitsaufkommens den Staatsschutz personell verstärkt, sagt der Polizeisprecher. Nennenswerte Bearbeitungsrückstände gebe es nicht.

Die Hinweise können sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von der besorgten Mutter, die bemerkt, wie sich ihr Sohn zunehmend radikalisiert, über "verdächtige Personen", die beim Nachbarn ein und ausgehen, bis hin zu Kabelresten in einer Mülltonne, die zum Bombenbau haben genutzt werden können. Die Brisanz solcher Hinweise sei für die Beamten mitunter schwer einzuschätzen, sagt Sebastian Fiedler und häufig seien umfassende Ermittlungen nötig, um ihnen nachzugehen.Fiedler ist Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und dessen Bundes-Vize. Der Arbeitsaufwand für den polizeilichen Staatsschutz, eine gesonderte Abteilung der Kripo, werde immer größer. Aufgrund dieser enormen Belastungen sei der "Staatsschutz nur eingeschränkt arbeitsfähig", sagt Fiedler. Extremistische Phänomene wie Linksextremismus und Ausländerextremismus gerieten aus dem Blick. "Der islamistische Extremismus und der Rechtsextremismus (Reichsbürger) dominieren alles." Im Juni hatte Fiedler einen Brandbrief an den neuen Innenminister Herbert Reul geschrieben. Der Anlass: Reul hatte statt der angekündigten 60 zusätzlichen Staatsschützer seines Vorgängers Jäger, nur 30 in Aussicht gestellt. Mit Blick auf die personelle Ausstattung des Staatsschutzes spricht Fiedler von einer "dramatischen Situation", gerade auch die psychische Belastung der Kollegen sei angesichts des Gefahrenpotenzials des islamistischen Terrors extrem hoch. Viele hätten Angst, "dass ihnen mal ein Amri durchgeht". Rund 90 aktionsbereite Gefährder, schätzt Fiedler, gibt es in NRW.

Die Kripo-Gewerkschaft fordert eine Aufstockung des Staatsschutzes im Land von bisher 380 auf 700 Beamte. "Wir brauchen erfahrene und spezialisierte Sachbearbeiter ", sagt Fiedler. Auch verbesserte Möglichkeiten der Kommunikationsüberwachung seien nötig, etwa bei den Messenger-Diensten. Amri habe Skype und WhatsApp benutzt und sei so seien Überwachern entgangen. Auch die Fußfessel sei ein weiterer "Mosaikstein" der Terroristenüberwachung.

(bu)
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