Leverkusen 110 neue Flüchtlinge kommen diese Woche

Leverkusen · In einem Brandbrief an den Städtetag NRW fordert der Oberbürgermeister die 100-prozentige Erstattung der Kosten für Flüchtlinge: 3500 Euro pro Person im Quartal. Neue Unterkünfte müssen jetzt mit 80 Flüchtlingen belegt werden.

 Die Flüchtlingsunterkunft in der Geschwister-Scholl-Straße: Hier wird laut Stadt ein Teil der 80 neu zugewiesenen Flüchtlinge für Leverkusen untergebracht.

Die Flüchtlingsunterkunft in der Geschwister-Scholl-Straße: Hier wird laut Stadt ein Teil der 80 neu zugewiesenen Flüchtlinge für Leverkusen untergebracht.

Foto: uwe miserius

80 neu zugewiesene Flüchtlinge muss die Stadt Leverkusen in diesen Tagen erstmals in der neuen Gemeinschaftseinrichtungen Herderstraße und Geschwister-Scholl-Straße unterbringen. Außerdem stellt Leverkusen 30 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge zur Verfügung, die aus Bayern weitergeleitet werden: Das teilte Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn gestern mit.

Er verdeutlichte auch, wie eng die Reaktionsfrist für die Stadt ist: Die Bezirksregierung Arnsberg habe Sonntag, um 23.45 Uhr, per E-Mail mitgeteilt, dass ab Montag, 7 Uhr, die nächsten Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen einträfen und dann an die Städte weiterverteilt würden. Die Bezirksregierung Arnsberg habe aber auch bereits angekündigt, auf die (letzten) noch gemeldeten Aufnahmekapazitäten in Leverkusen in Kürze zurückzugreifen.

Mit einem dringenden Hilferuf richtet sich Buchhorn jetzt an den Städtetag Nordrhein-Westfalen: "Die Bewältigung der Flüchtlingssituation übersteigt in Leverkusen die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit", schreibt Buchhorn an Dr. Stephan Articus, geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Städtetag. Buchhorn stellt die Maximalforderung auf und verlangt von Bund und Land eine 100-prozentige Gegenfinanzierung sämtlicher Flüchtlingskosten. Ohne eine solche Unterstützung lasse sich der Haushaltsanierungsplan der Stadt nicht einhalten, betont der Oberbürgermeister.

In Zahlen verdeutlicht das Stadtoberhaupt die Brisanz seiner Forderung: Kostendeckend wäre eine Pauschale von 3500 Euro pro Flüchtling im Quartal, rechnet Buchhorn vor. Für 2015 sei ein Kostenaufwand von 15,5 Millionen Euro für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Leverkusen prognostiziert, allerdings nur 2,7 Mio. Euro an Fördermitteln. Unterdeckung: 12,8 Mio. Euro.

Für 2016 müssten nach aktueller Prognose mindestens 38 Mio. Euro veranschlagt werden. Demgegenüber werde es etwa 12 Mio. Euro Entlastung geben. Unterdeckung: 26 Mio. Euro - mindestens!, verdeutlicht Buchhorn in seinem Brandbrief.

Allerdings müssten diese Berechnungen höchstwahrscheinlich angesichts der dramatisch steigenden Flüchtlingszahlen noch nach oben korrigiert werden: "Zurzeit gibt es niemanden, der auch nur annähernd in der Lage ist, die künftige Entwicklung der Flüchtlingszahlen und die damit eingergehenden Kosten zutreffend zu prognostizieren", betont Buchhorn. Die Unterdeckung bei den Ausgaben für Flüchtlinge könne Leverkusen aus eigener Kraft nicht stemmen. Zudem seien diese Beträge nicht absehbar gewesen, als der Haushaltsanierungsplan aufgestellt worden sei. Deshalb verfügt der Oberbürgermeister, die Flüchtlingskosten aus dem Haushaltsplan loszulösen: "Die Stadt Leverkusen wird den Haushalt 2016 in die politischen Gremien einbringen, der sämtliche im Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung der zugewiesenen Flüchtlinge entstehenenden Aufwendungen und Erträge sachkostenscharf separiert und spiegelbildlich eine Kostendeckung durch Landes- und Bundesmittel etatisiert", kündigt Buchhorn an. Will heißen: Das Stadtoberhaupt möchte mit Hilfe des Städtetages auf Verfassungsrecht pochen, wonach laut Buchhorn das Land gegenüber den Kommunen zuständig sei, die entsprechenden Bundesmittel vollständig, also zu 100 Prozent, an die Städte und Gemeinden weiterzuleiten. Und Buchhorn geht noch weiter in seiner Forderung. Er schlägt sogar eine Verfassungsänderung vor, die das Land außen vor ließe und es dem Bund ermögliche, den Kommunen ohne Umwege die Gelder für die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung zufließen zu lassen.

Der Städte- und Gemeindebund NRW hat an diesem Mittwoch Vorstandssitzung. Buchhorn hofft, dass sein Brandbrief, den er auch an den Landkreistag geschickt hat, auf die Tagesordnung kommt.

(RP)
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