Integration am Arbeitsmarkt Syrer backt Pizza für Wassersportler

Leverkusen/Langenfeld · Zwei Erfolgsgeschichten von Kriegsflüchtlingen aus Syrien zeigen, wie es funktionieren kann. Hier: Wie ein syrischer Student aus Aleppo nach Leverkusen und Langenfeld kam - und was wir vielleicht von ihm lernen können.

 Der Syrer Allan Malla Mahmoud ist seit zwei Jahren in Deutschland und backt Pizzen auf der Wasserski Anlage in Langenfeld.

Der Syrer Allan Malla Mahmoud ist seit zwei Jahren in Deutschland und backt Pizzen auf der Wasserski Anlage in Langenfeld.

Foto: RP-RALPH MATZERATH

Da steht dieser Syrer. Allan Malla Mahmoud, 22 Jahre. "Grüß Dich", sagt er und schiebt Pizza in den Ofen. Etwas über zwei Jahr ist es jetzt her, dass er aus seiner Heimat flüchtete. Dass das einmal so kommen würde. Vor ein paar Jahren hätte er das nicht gedacht. Allan Mahmoud war in Aleppo an der Uni eingeschrieben. Englisch, Mathe, Informatik. Hochschuldozent wollte er werden. Dann wurde es mit diesem Krieg immer schlimmer. Schüsse, Bomben, Zerstörung.

 Friseur Adeel (36) hatte einen Herrensalon im syrischen Aleppo.

Friseur Adeel (36) hatte einen Herrensalon im syrischen Aleppo.

Foto: RM

An einem Tag im Juni 2014 sagte der Vater: "Allan, Du bist mein Ältester. Ich will dich nicht verlieren. Bring dich in Sicherheit, bitte." Also zog Allan Mahmoud los. Zu Fuß. Über die Türkei lief er nach Bulgarien. "Drei Tage und Nächte lang", erzählt Allan Mahmoud, "sind wir durch den Wald gelaufen. In einer Gruppe von 24." Ohne Essen. Ohne Trinken. Ohne Pause. Aber immer mit dieser Angst vor den Wildschweinen - und der Angst, erwischt zu werden. In Bulgarien wurden sie dann erwischt und eingesperrt. 15 Tage war Allan Mahmoud im Gefängnis, dann half ihm Unicef. Es hieß, er könne raus, wenn er Asyl beantrage. Dann kam er raus - und rannte und rannte. Irgendwann schaffte er es nach Deutschland.

Und noch mal später an den Pizza-Ofen im Seehaus in Langenfeld. Man könnte sagen, Allan hat eine Menge Glück gehabt. Man könnte auch sagen, er weiß, was er will und kämpft dafür. Er will wieder an die Uni. Wirtschaftsinformatik in Düsseldorf oder Köln. Gerade versucht er, seine Bescheinigungen aus Syrien zu beschaffen. Und unbedingt dazugehören, das will er auch. Vielleicht sagt er deshalb "Grüß Dich" und nicht einfach nur "Hallo".

Beim Amt waren sie jedenfalls erst Mal baff. Auf die Frage, ob er Deutsch spreche, antwortete Allan Mahmoud nicht mit Ja oder Nein, sondern mit "Natürlich." Wie hat der in nur einem Jahr so gut Deutsche gelernt? Zum Beispiel in der Leverkusener Stadtbibliothek. Dort saß er an so manchem Tag mehr Stunden, als ein durchschnittlicher deutscher Student an einem Tag an der Uni verbringt und hat gepaukt. Nicht nur Sprache und Grammatik, sondern auch Geschichte.

"Weißt Du, wann die Berliner Mauer gebaut wurde?" Das hat er am Tag der Deutschen Einheit einen Deutschen gefragt. Und als der Deutsche das nicht wusste, erklärte der Syrer dem Deutschen, was in den Geschichtsbüchern steht. Pauken ist das eine. Quatschen das andere. In einem Café in Leverkusen sprach Allan Mahmoud eine deutsche Familie an. Die half ihm eine Wohnung in Leverkusen zu finden. Ein neuer Nachbar nahm ihn mit zur Wasserski-Seilbahn nach Langenfeld.

Und während der Nachbar mit dem Wakeboard übers Wasser fuhr, knüpfte Mahmoud Kontakte. Er sprach mit dem Typen von der Beachbar, der mit dem Restaurant-Chef sprach und der mit der Eigentümer-Familie Sühs. Dabei heraus kam Mahmouds erster Arbeitsvertrag. Jetzt backt der Syrer Pizza. "Das hätte ich auch nicht gedacht, dass ich mal Pizza backe", sagt er und lacht. Dieses Lachen, das ist eines, das von weit drinnen kommt. Dankbarkeit schwingt mit, aber mit Sicherheit auch ein bisschen Stolz, es bis hier her geschafft zu haben - und der Glaube daran, es von hier aus weiter nach oben zu schaffen.

Und was ist mit all den traumatisierenden Erfahrungen aus Syrien? Was hat der Krieg mit diesem jungen Menschen gemacht, der gesehen hat, wie Erwachsene und Kinder im Bombenhagel sterben, wie seine Heimat zerstört wird und Freunde für immer verschwinden? Allan Mahmoud möchte nicht drüber reden. Er sagt nur: "Es ist viel schlimmer, als alles, was ihr im Fernsehen seht." Allan Mahmoud will nach vorne schauen. Die Psychologie hat ein Wort für die Fähigkeit von Menschen wie Allan Mahmoud. Resilienz, die psychische Widerstandsfähigkeit oder die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen.

(RP)
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