Leichlingen Stockberg: Stadtrat blockiert Seltra-Ansiedlung

Leichlingen · In geheimer Abstimmung machte eine große Mehrheit der Politiker den Weg für ein kleinteiliges Gewerbegebiet frei.

 Auf dem Gelände der Firma Marseille Kunststoffe darf keine Ansiedlung des Naturstein-Großhändlers Seltra erfolgen.

Auf dem Gelände der Firma Marseille Kunststoffe darf keine Ansiedlung des Naturstein-Großhändlers Seltra erfolgen.

Foto: firma

Gestern Abend wurde nichts dem Zufall überlassen: Die Stadtverwaltung hatte ihre Beschlussvorlage noch einmal auf mögliche juristische Schwachstellen hin überarbeitet und die fertigen Exemplare auf den Tischen im Sitzungssaal ausgelegt. Die SPD beantragte geheime Abstimmung - vermutlich, damit nicht in letzter Sekunde unter dem öffentlichen Druck der eine oder andere noch ins Wanken geriete.

Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Mit 18 Ja-Stimmen beschloss der Stadtrat jene Veränderungssperre, mit der die geplante Ansiedlung des Naturstein-Großhändlers Seltra auf dem Gelände der Firma Marseille Kunststoffe Am Stockberg quasi unmöglich gemacht wird. Sieben Politiker stimmten mit Nein, zwei enthielten sich. Ähnlich deutlich fiel auch der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans für ein kleinteiliges Gewerbegebiet aus, das die Stadt an Stelle von Seltra dort gerne schaffen möchte. Die CDU hatte zuvor angekündigt, den Beschluss nicht mitzutragen, die Nein—Stimmen dürften demnach aus dem Lager der Christdemokraten gekommen sein. Ihre Zustimmung signalisiert hatten dagegen SPD, Grüne, UWG, BWL, FDP und die Linke.

Ebenfalls beschlossen wurde gestern, Verhandlungen mit Grundstückseigentümer Reinhold Marseille aufzunehmen, um ihm weite Teile seines Areals abzukaufen.

Marseille will einen wesentlichen Teil seines Gewerbegrundstückes - etwa 60.000 Quadratmeter - nach mehr als 30 Jahren in Leichlingen an Seltra veräußern, die zurzeit noch in Leverkusen eine Dependance betreiben, aber in die Blütenstadt wechseln wollen.

Der Kaufvertrag ist bereits unterschrieben, die Ansiedlung für Anfang 2017 geplant - der Antrag auf eine Nutzungsänderung für das Marseille-Gelände ist gestellt. "Und den müssten wir genehmigen, sofern wir nicht heute die Veränderungssperre beschließen", stellte Baudezernentin Andrea Murauer gleich zu Beginn der gestrigen Sondersitzung klar.

Das war Wasser auf die Mühlen der CDU: Deren Fraktionschef Helmut Wagner argwöhnte nämlich, es sei der Stadt und der Ratsmehrheit bisher erkennbar nur darum gegangen, die Ansiedlung des Natursteingroßhändlers zu verhindern. "Wie kann es sein, dass man Herrn Marseille offensichtlich seit Januar 2016 planen und Geld für teure Gutachten und Verträge ausgeben lässt, wenn man diese Entwicklung nie gewollt hat?" Zudem habe er rechtlichen Bedenken, was die Beschlussvorlage betreffe. Daher solle zunächst ein Fachanwalt eine rechtlichen Beurteilung vornehmen, "die uns schriftlich vorgelegt wird", forderte Wagner.

Bürgermeister Frank Steffes (SPD) platzte der Kragen: Hören Sie bitte ein für alle Mal mit diesen Unterstellungen auf", forderte der Verwaltungschef. Wagner diskutiere nicht, sondern versuche permanent, der Stadt Unredlichkeit unterzujubeln: "Wir haben Herrn Marseille schon im Februar gewarnt, Verträge mit Seltra abzuschließen. Er wusste frühzeitig, was wir vorhaben und nach unserer Ansicht für die Zukunft der Stadt wichtig ist."

SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Ebecke versicherte direkt an die Adresse Marseilles gerichtet, durch die Aufstellung eines Bebauungsplans und die Veränderungssperre bleibe das Eigentum des Geschäftsmannes unberührt: "Ebenso wenig wird der im Bestand geschützte derzeitige Betrieb zerschlagen - Ihr Lebenswerk, welches unsere ausdrückliche Anerkennung findet." Allerdings verpflichte Eigentum auch: "Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Marseille selbst durfte gestern nicht das Wort ergreifen. Dies verbiete die Gemeindeordnung ausdrücklich, teilte die Stadt mit.

(RP)
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