Leichlingen "Sterbende leben noch bis zu ihrem Tod"

Leichlingen · Die Ehrenamtlichen des ökumenischen Hospizes wollen erreichen, dass die Menschen offen mit dem Thema Sterben umgehen. Ein neues Büro im Stadtzentrum soll sie auch physisch stärker in den Mittelpunkt der Gesellschaft rücken.

 Christine Schwung (links) und Inka Stirl (Mitte) koordinieren das ambulante Hospiz. Der ehrenamtliche Dienst ist auf Spenden angewiesen, wie zuletzt im Sommer dieses Jahres bei einer Spendenaktion mit RP-Anzeigenberaterin Roswitha Pennartz (rechts).

Christine Schwung (links) und Inka Stirl (Mitte) koordinieren das ambulante Hospiz. Der ehrenamtliche Dienst ist auf Spenden angewiesen, wie zuletzt im Sommer dieses Jahres bei einer Spendenaktion mit RP-Anzeigenberaterin Roswitha Pennartz (rechts).

Foto: Ralph Matzerath (Archiv)

Sterbebegleitung und Hospizarbeit sind Begriffe, die zunächst keine positiven Gefühle hervorrufen: Im Kopf spielen sich bei diesen Wörtern gleich Szenen von Abschied, Angst und Trauer ab. Doch so trostlos und traurig, wie alle glauben, ist ihr Ehrenamt überhaupt nicht, sagt Koordinatorin Christine Schwung. "Wir lachen auch viel zusammen."

37 ehrenamtliche Männer und Frauen zählt das ökumenische Hospiz heute, das im Jahr 2002 von Ute Schmidt, Gründerin des ambulanten Pflegedienstes "Sorgende Hände", ins Leben gerufen wurde. 2015 setzte sich die Initiatorin zur Ruhe, und Krankenschwester Christine Schwung übernahm die Koordination gemeinsam mit ihrer Kollegin Inka Stirl.

 Am Samstag lud das ökumenische Hospiz zum Abend der offenen Tür ein und feierte mit den Gästen das zehnjährige Bestehen des Trauercafés.

Am Samstag lud das ökumenische Hospiz zum Abend der offenen Tür ein und feierte mit den Gästen das zehnjährige Bestehen des Trauercafés.

Foto: Uwe Miserius

Im Jahr nehmen durchschnittlich zwischen 50 und 60 Personen den kostenlosen Dienst des Leichlinger Hospizdienstes in Anspruch, wobei die Dauer stark variiert: "Manche Begleitungen dauern drei Tage, andere gehen über mehrere Wochen und Monate, manche sogar länger als ein Jahr", berichtet die 55-jährige Krankenschwester.

Die Begleitung selbst richtet sich ganz nach der Person, die auf dem letzten Lebensabschnitt von professionell geschulten Männern und Frauen begleitet werden will. "Eine pauschale Begleitung gibt es bei uns nicht. Wir stellen uns ganz individuell auf den Menschen ein", sagt die Koordinatorin. "Manche wollen einfach nur, dass man da ist und die Hand hält. Andere haben noch Wünsche, die wir dann versuchen zu erfüllen." Beispielsweise ein Stadionbesuch.

Jeder gehe mit seinem bevorstehenden Tod anders um, berichtet Schwung: "Es gibt die humorvollen Menschen, die mit ihrem Leben und sich völlig im Reinen sind. Dann sind das ganz gewöhnliche Begegnungen, bei denen wir die Familie unterstützen." Beispielsweise wenn der Partner eine Auszeit in der Betreuung braucht, kurz zum Friseur will oder auch einfach nur mit Bekannten eine Tasse Kaffee trinken will. "Im Prinzip ist es nichts anderes als das ganz gewöhnliche Leben auch", sagt Schwung und hält kurz inne: "Die Sterbenden sind ja noch am Leben."

Die tiefe Auseinandersetzung mit dem Thema und den Menschen sei ein sehr beglückendes Gefühl. Die Koordinatorin wünscht sich, dass die Gesellschaft offener mit dem Thema umgeht. Deshalb lud der Verein am Wochenende auch zu einem gemütlichen Abend ins evangelische Gemeindezentrum ein, mit Musik, Lesung und Theater. "Ein gelungener und abwechslungsreicher Abend mit vielen Begegnungen und anregenden Gesprächen, in denen wir unser Thema in den Fokus setzen konnten."

Wer eine positive Einstellung zum Tod hat, glaubt Schwung, "dem fällt dieses Ehrenamt leichter". Sie selbst glaubt beispielsweise nicht, dass mit dem Tod alles zu Ende ist. "Für mich ist klar, dass es ein Leben danach gibt und dass der Tod lediglich ein Übergang ist."Diesen Übergang so angenehm wie möglich zu gestalten, das sei das erklärte Ziel der Hospizbewegung. Alle zwei Jahre bietet das ambulante Hospiz "Befähigungskurse" an, in denen interessierte Ehrenamtler für die Begleitarbeit geschult werden. Ein neuer Kursus beginnt im Januar. Einige Plätze sind noch frei.

Mit der Anzahl der Ehrenamtlichen, sowie der Etablierung des vor zehn Jahren gegründeten Trauercafés ist Schwung zufrieden. Ein großer Wunsch ihres Teams ist es jedoch, ein größeres Büro im Stadtkern zu bekommen. "Wir haben schon etwas im Blick", sagt sie, ohne mehr zu verraten. Mit dem Umzug von der Uferstraße in die Innenstadt wäre das Hospiz mitten in der Gesellschaft. "Dann wären wir sichtbarer, und die Leute könnten einfach beim Vorbeigehen auf ein Kaffee zu uns hereinkommen."

(RP)
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