Leichlingen Ohne Rentner könnte die Tafel dichtmachen

Leichlingen · Christiane Weber (71) leitet seit vier Jahren die Verteilung von ausgemusterten Lebensmitteln an Bedürftige in der Blütenstadt.

 Zupackend: Tafel-Leiterin Christiane Weber mit Obst und Gemüse aus Supermärkten und Discountern, das an Bedürftige verteilt wird.

Zupackend: Tafel-Leiterin Christiane Weber mit Obst und Gemüse aus Supermärkten und Discountern, das an Bedürftige verteilt wird.

Foto: Ralph Matzerath

Die Räume der Tafel liegen etwas versteckt. Zwar lautet die offizielle Adresse Moltkestraße 25. Doch die Zufahrt erfolgt über die Walter-Frese-Straße, die einmal um die Halle der Firma Trinkgut herumführt. Zufällig kommt man also an der Tafel nicht vorbei. Aber "Laufkundschaft" heißt bei der ehrenamtlichen Einrichtung ohnehin nicht "vorbeilaufende Passanten" sondern, dass die weitaus meisten der Tafel-Kunden zu Fuß kommen.

Montags und donnerstags öffnet sich ab 14 Uhr die Türe und zwischen 35 und 100 Personen erhalten eine Zufallsnummer. "Wir rufen dann nach der Reihenfolge von eins angefangen auf", erklärt Christiane Weber. Die 71-jährige pensionierte Referatsleiterin im Personalwesen leitet seit vier Jahren die Leichlinger Tafel. Mit ihr kümmern sich 34 Ehrenamtler darum, dass zwar aussortierte aber immer noch essbare Lebensmittel aus Supermärkten, Discountern und Bäckereien geholt und an Bedürftige verteilt werden.

Fast alle Helfer sind im Rentenalter. Jüngere Leute könne man kaum gewinnen, weil diese oft beruflich und familiär stark eingebunden sind, ist die Vorsitzende überzeugt. Die rüstigen Senioren stemmen indes ein strammes Programm. Viermal pro Woche wird die Ware kistenweise aus den Geschäften geholt, Obst und Gemüse geputzt, Ungenießbares aussortiert. An zwei Tagen erfolgt die Ausgabe. "Wir versorgen etwa 180 bis 200 Personen in Leichlingen, viele davon kommen an jedem Ausgabetag", weiß Weber zu berichten.

Den großen Warteraum beherrscht eine Armada aus bunt zusammengewürfelten Sitzmöbeln, die fast alle gespendet sind. So wie die Lebensmittel. "Wir bekommen keinerlei öffentliche Zuschüsse", versichert Christiane Weber. Trotzdem müssten die Miet- und Stromkosten von monatlich 2500 Euro irgendwie zusammen kommen. Die Finanzierung fuße auf vier Säulen. Erstens die Mitgliedsbeiträge von pro Person mindestens 20 Euro im Jahr, pro Verein oder Unternehmen fallen mindestens 50 Euro an. Zweitens zahlt jeder Kunde pro Ausgabe einen Obolus von 1,50 Euro pro Erwachsenem und 50 Cent pro Kind. Drittens fließen immer wieder Geldspenden, so wie zuletzt ein Anteil an der bundesweiten Pfandspendeaktion des Discounters Lidl, der die Anschaffung von zwei Heizstrahlern ermöglichte. "Die waren dringend nötig, denn im Winter bekommen wir die Räume gar nicht warm", sagt Weber.

Im August zog die Tafel von den Räumen in der Hochstraße, in denen die Heizung gar nicht mehr funktionierte, in die 390 Quadratmeter große Lagerhalle an der Walter-Frese-Straße. Hier sind durch ein paar bauliche Veränderungen der Warte- und Ausgaberaum, ein Lager- mit eingebautem Kühlraum, ein Büro mit zwei Arbeitsplätzen und ein Aufenthaltsraum für die Helfer sowie Toiletten und ein kleiner Trödelmarkt für Sachspenden entstanden.

Die vierte Finanzierungssäule stammt aus den Erlösen des jährlichen Obstmarktes (am ersten Oktoberwochenende) und des Bratapfelfestes (erstes Adventswochenende). Zwar sei der Arbeitseinsatz, den die Ehrenamtler dafür leisteten, enorm. Doch die "Knochenarbeit" zahlt sich aus und hilft, den Fortbestand der Tafel Leichlingen auch weiterhin zu sichern.

(RP)
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