Leichlingen Leichlinger Obstmarkt wird 120 Jahre alt

Leichlingen · Seit 1896 zählt die Veranstaltung zu den Attraktionen der Stadt. Für die Jubiläumsausgabe werden noch Aussteller gesucht.

 Das Jahr 1964 als Zäsur: In Zeiten des Wirtschaftsbooms strömen erstmals 20.000 Obstmarktbesucher zum neuen Standort auf Cremers Weiden. Das Wahrzeichen des gewandelten Privatkonsums ist auch hier allgegenwärtig: das Automobil.

Das Jahr 1964 als Zäsur: In Zeiten des Wirtschaftsbooms strömen erstmals 20.000 Obstmarktbesucher zum neuen Standort auf Cremers Weiden. Das Wahrzeichen des gewandelten Privatkonsums ist auch hier allgegenwärtig: das Automobil.

Foto: Stadtarchiv Leichlingen

Er hat schon einiges hinter sich, der Leichlinger Obstmarkt: Als regionaler Großmarkt im Jahr 1896 gestartet, wurde er zum touristischen Anziehungspunkt mit Volksfestcharakter (ab 1926), ehe ihn die Nazis zur propagandistischen Schaufläche ihrer Agrarpolitik umfunktionierten (1933-1939). Nach dem Krieg geriet er als ständig seinen Austragungsort wechselnder Wanderzirkus in Not (1949-1959) und erholte sich schließlich als Spiegel der konsumfreudigen Wirtschaftsboomjahre (1960 und folgende). Kurz: Es gibt ihn noch immer.

In diesem Jahr feiert der Obstmarkt seinen 120. Geburtstag - und aus diesem Anlass hat Stadtarchivar Torsten Schulz-Walden eine spannende und informative Rückschau zusammengestellt. Sie setzt an bei der groß angelegten Presse- und Werbekampagne, mit der das eigens für die Organisation gegründete "Markt-Comitee" - bestehend aus Vertretern der Stadt und des "Landwirtschaftlichen Kasinos Bennert" - wochenlang für die Auftakt-Veranstaltung 1896 warb. Insgesamt 1.500 Plakate ließ es in 36 Städten anbringen, darunter Köln, Düsseldorf, Opladen und Wuppertal.

 Der "Gasthof zum Goldenen Stern" (Brückenstraße gegenüber Einmündung Uferstraße) des Wirtes Robert Meis um 1910.

Der "Gasthof zum Goldenen Stern" (Brückenstraße gegenüber Einmündung Uferstraße) des Wirtes Robert Meis um 1910.

Foto: stadt leichlingen

Rund 600 Gäste sollen den ersten Obstmarkt am Ende besucht haben - und waren offenbar so angetan davon, dass sich fortan alljährlich Kaufleute, Händler und Ausflügler auf den Weg nach Leichlingen machten. Manch ein Besucher nutzte ab 1900 einen neuen "Schleichweg" vom Bahnhof zum Leichlinger Zentrum durch einen Hohlweg am Ufergarten (der heutigen Uferstraße) hinab Richtung "An der Brücke", so dass er den Veranstaltungssaal des "Gasthofes zum Goldenen Stern" binnen weniger Minuten Fußmarsch erreichte. Im Gasthof von Robert Meis regelte eine "Marktordnung" minutiös die Präsentation und den Verkauf der Waren. Gewünscht war: Tafel-, Wirtschafts-, und Mostobst gleichmäßiger Größe, möglichst ohne Flecke, Wurmstiche und Druckstellen."

Mit Körben und Bestellscheinen ausgestattet, flanierten die Käufer zwischen Ständen von 72 Ausstellern umher, die ausschließlich aus Leichlingen und Umgebung stammten. Sie konnten zwischen 40 Apfel- und 14 Birnensorten wählen, die sich in mit schwerem, weißem Leinen und weichem Stroh ausstaffierten Körben auftürmten.

 Plakatentwurf des ersten "Obstmarktes zu Leichlingen" mit Ausstellung von 1896.

Plakatentwurf des ersten "Obstmarktes zu Leichlingen" mit Ausstellung von 1896.

Foto: stadt leichlingen

Trotz aller Beschwörungen, der Markt vertreibe nur geprüftes wie hochqualitatives Obst aus der Region, gab es auch Beschwerden, die Qualität des gelieferten Obstes stimme nicht mit den vor Ort verköstigten Proben überein.

 Dem gelungenen Start des Leichlinger Obstmarktes folgen weitere lokale Verkaufsmärkte, so etwa in Bergisch Neukirchen - Aufnahme aus den 1920er Jahren

Dem gelungenen Start des Leichlinger Obstmarktes folgen weitere lokale Verkaufsmärkte, so etwa in Bergisch Neukirchen - Aufnahme aus den 1920er Jahren

Foto: stadt leichlingen

Der Düsseldorfer Geschäftsmann Otto Viemann schrieb 1909 nach Ankunft seiner Bestellung etwa, allenfalls zum Einkochen seien die gelieferten Birnen noch zu verwenden - er spricht von Täuschung, Entschädigung, Ersatz oder "andernfalls Klage", lobt aber auch Anbieter wie etwa den Leichlinger Carl Pfeiffer, mit dessen gelieferter Ware er "dortselbst zufrieden ist."

 Die um 1848 gegründete Krautpresse Hölzer (Foto um 1948), dürfte ein Obstmarkt-Großkunde gewesen sein.

Die um 1848 gegründete Krautpresse Hölzer (Foto um 1948), dürfte ein Obstmarkt-Großkunde gewesen sein.

Foto: stadt leichlingen

Zufrieden oder nicht: Bis 1927 wuchs die Zahl der Besucher bereits auf 10.000 an. In diesem Jahrzehnt wurde der Obstmarkt allerdings auch um publikumswirksame Attraktionen erweitert: Pferderennen und Springturniere, Geflügel- und Blumenausstellungen, Konzerte, Motocross-Rennen und vieles mehr kamen jetzt hinzu.

1964 am neuen Standort Cremers Weiden strömten dann sogar 20.000 Besucher aufs Marktgelände..

Der Obstmarkt hat viele Höhen und Tiefen erlebt - doch gerade das macht ihn auch aus, wie Archivar Schulz-Walden darlegt: "Erst aus der Sicht eines historisch gewachsenen Marktes im Wandel der Zeit ist erklärbar, wann, warum und wie sich der Markt und sein Angebot, seine Aussteller, seine Struktur, seine Ziele und auch seine Besucher wandelten - trotz aller Tradition, bis heute", schreibt er. In diesem Jahr ist der Obstmarkt vom 30. September bis 3. Oktober geöffnet - jeweils von 9-30 Uhr bis 18.30 Uhr.

Obstmarktinteressierte und Aussteller können sich an Gaudium wenden. Kontakt gaudium-veranstaltungen@t-online.de, Telefon 02065 890 122,.

(RP)
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