Leichlingen Leichlingens ältester Kulturverein löst sich auf

Leichlingen · Nach 168 Jahren verabschiedet sich Liederkranz Bennert von der Bühne. Die übrigen Sänger treten dem MC Germania Opladen bei.

 Das ist der Chor heute mit Chorleiter Eugen Momot.

Das ist der Chor heute mit Chorleiter Eugen Momot.

Foto: Ralph Matzerath (Archiv)

Jeder stirbt für sich allein. Mit Falladas Roman-Titel ließe sich auch ein Abgesang auf viele schrumpfende Männerchöre überschreiben. Der Liederkranz Leichlingen-Bennert hat in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung letzte Woche seine Auflösung beschlossen. Allerdings werden diese Sänger nicht sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden, denn sie haben beizeiten vorgesorgt. Seit Jahren schon singen etliche Liederkranz-Mitglieder auch im Opladener Männerchor Germania mit und umgekehrt. "Wir hatten das Glück, dass wir denselben Chorleiter haben", erklärt Vorsitzender Hans-Werner Haas. Das verbindet und die Liebe zum Gesang sowieso.

Mehrere Auftritte hat man in den vergangenen zehn Jahren schon gemeinsam gestaltet. Einmal noch werden die Namen beider Chöre auf dem Programmzettel stehen. Nämlich beim Konzert am 20. Januar (17 Uhr) in der Aula Am Hammer. Mit "Melodien für Herz und Seele" verabschiedet sich der Liederkranz Leichlingen Bennert dann offiziell auch von seinem Publikum - nach 168 Jahren.

Inzwischen gehören bereits 17 Liederkranz-Sänger dem Germania-Chor an, einige Ältere nutzen die Gelegenheit, ganz aufzuhören. Natürlich stimme der endgültige Schritt auch wehmütig, geben die Vorstandsmitglieder zu. Insbesondere wenn Vater oder Großvater schon dabei waren. "Aber so trifft man doch die Sängerkameraden weiter", ist Schriftführer Rainer Finke froh, der nun als Abschiedsgeschenk für alle Sänger eine Notenmappe mit Repertoirestücken und Kurzchronik vorbereitet. Das Wichtigste für ihn ist: "Das Singen geht weiter." Und das in einem Chor, der ähnlich ausgerichtet ist und sich vor allem der Pflege des klassischen Liedgutes verpflichtet fühlt. "Da sind wir immer mindestens 60 Sänger bei der Probe", sagt Burkhard Uri. "Das macht einfach richtig Spaß." Dennoch geht jetzt ein Kapitel Leichlinger Geschichte zu Ende, das immerhin im Stadtarchiv gut verwahrt liegt. Denn alle Dokumente, Fotos und Originalschriftstücke bleiben dort für die Nachwelt erhalten.

 Zur Jahrtausendwende feierte der Liederkranz sein 150-jähriges Bestehen in der Aula Am Hammer. Alte Fotos sowie die Gründungsurkunde (unten links) und das Protokoll von 1937 (unten rechts), als der Chor zur Nazi-Zeit verboten wurden, haben die Männer dem Stadtarchiv überlassen.

Zur Jahrtausendwende feierte der Liederkranz sein 150-jähriges Bestehen in der Aula Am Hammer. Alte Fotos sowie die Gründungsurkunde (unten links) und das Protokoll von 1937 (unten rechts), als der Chor zur Nazi-Zeit verboten wurden, haben die Männer dem Stadtarchiv überlassen.

Foto: Liederkranz Leichlingen- Bennert

Der Liederkranz wurde am 8. April 1850 gegründet und ist damit der älteste Kulturverein Leichlingens. Lehrer Kahrmann leitete die Gründungsmitglieder an, die sich zum Proben in der Schule Bennert trafen. Als "Arbeiterchor" galt der Liederkranz früher während man den anderen Bennerter Männerchor despektierlich "Stehkragenverein" nannte. Die Chorchronik spiegelt auch anderthalb Jahrhunderte Leichlinger Geschichte wieder, inklusive der schwierigen Nazi-Zeit. Am 1. November 1937 wurde der Verein durch die Gestapo verboten. Erst nach Kriegsende haben verbliebene Sänger den Chor wiederbelebt. Misstrauen der Obrigkeit gab es übrigens bereits in den Gründerjahren, als man wohl politische Agitation vermutete und den Chorleiter sogar vor Gericht stellte. In seinen Hochzeiten war der Liederkranz nicht nur in Leichlingen zu hören, der reiselustige Verein stimmte auch in anderen Ländern - unter anderem in den USA und bei einer Messe im Petersdom - seine Lieder an. Nun wünschen sich die Sänger, dass ihnen ihr Publikum auch nach dem 20. Januar treu bleibt und künftig die Konzerte der Opladener Germanen besucht.

(mkl)
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