Leichlingen/Leverkusen Immer mehr Handwerker müssen Kunden abweisen

Leichlingen/Leverkusen · Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, setzt die Handwerkskammer zu Köln auf ein Vier-Punkte-Programm.

"Der Arbeitsmarkt wird älter, bunter und weiblicher. Zumindest, was den Bereich der Handwerksbetriebe angeht." Davon ist Michael Brücken überzeugt, der bei der Handwerkskammer zu Köln für die Bereiche Ausbildung und Vermittlung von Fachkräften zuständig ist. Der Grund: Es fehlen ebenso Fachkräfte wie Auszubildende, folglich müssen die Mitarbeiter länger ran, sollen immer mehr Frauen Gefallen an Handwerksberufen finden und immer mehr ausländische Mitbürger hier tätig werden.

Den demografischen Trend spüren auch die rund 33.000 Betriebe der Kölner Kammer, zu denen auch Firmen im Rheinisch-Bergische Kreis und in Leverkusen zählen. Daher macht sich die Organisation Sorgen und Gedanken über das Befinden ihrer Mitglieder, vor allem darüber, wie ihre Betriebe auch in Zukunft gute Mitarbeiter und vermehrt Mitarbeiterinnen gewinnen können. "In immer mehr Handwerkszweigen wird sich der Fachkräftemangel verschärfen", beobachtet Michael Brücken. Innerhalb von zehn Jahren, so einige Berechnungen, werde sich die Fachkräftelücke in Nordrhein-Westfalen mehr als verdoppeln. Schon jetzt gebe es Handwerker, die Aufträge nicht mehr annehmen und neue Kunden abweisen.

Um dieser Entwicklung zu begegnen, schlägt die Kammer daher ihren Mitgliedern ein Programm vor, das aus vier Säulen basiert. Zunächst sollten sie darauf achten, die älteren Mitarbeiter richtig einzusetzen. Was heißt: Es soll auf eine altersgerechte Arbeitsgestaltung geachtet werden, damit die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt und die krankheitsbedingten Fehlzeiten nicht zunehmen. Mit Kompaktseminaren will die Kammer ihren Mitgliedern zudem aufzeigen, wie sie die Mitarbeiter besser an den eigenen Betrieb binden kann (Stichworte: Unternehmenskultur, Personalführung und Rekrutierung). Dritter Punkt ist die Fortbildung von Mitarbeitern (bedarfsorientierte Qualifizierung). Und schließlich steht das Thema Gesundheit auf dem Programm, damit Mitarbeiter ebenso lernen, besser mit Stress umzugehen und komplexe Arbeitsbelastungen (z. B. "Rücken stärken") auszugleichen.

In einer Broschüre mit dem Titel "Gutes Personal ist der Schlüssel des Erfolgs" stellt die Kammer ihre Beratungs- und Qualifizierungsangebote vor.

Aber es bietet sich auch die Möglichkeit, jüngere Flüchtlinge für Handwerksberufe zu begeistern und zu qualifizieren. Ein gerade abgeschlossener Versuch, junge Leute bis zum Alter von 25 Jahren für die Ausbildung vorzubereiten, hat dazu geführt, dass von 24 Interessenten immerhin 16 nun eine meist dreijährige Ausbildung anfangen können. Im August startet eine neue Gruppe, betont Peter Panzer, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Kammer.

Die von Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Vakanzzeiten unterstreichen den Fachkräftemangel: Die längste Vakanz von 190 Tagen muss die Hörgeräteakustik-Branche hinnehmen. In der Elektrotechnik bleiben gemeldete Stellen im Durchschnitt 122 Tage vakant, im Sanitär und Heizungsbauerhandwerk sind es 142 Tage. Generell gilt: Je länger eine Stelle unbesetzt bleibt, umso stärker ist ein Wirtschaftszweig vom Mangel an qualifizierten Bewerbern betroffen.

(sg-)
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