Leichlingen Bach als Dreh- und Angelpunkt - und mehr

Leichlingen · Technische Präzision, präsente Registrierung und eine klare und transparente Spielweise, die wirklich jeden Verlauf der komplizierten polyphonen Fugenverstrickungen hörbar macht, besser geht's nicht.

 Der Oberhausener Gastorganist Friedrich Storfinger gab ein souveränes Konzert beim Leichlinger Orgelsommer.

Der Oberhausener Gastorganist Friedrich Storfinger gab ein souveränes Konzert beim Leichlinger Orgelsommer.

Foto: Uwe Miserius

Mit einer perfekten Interpretation von Johann Sebastian Bachs Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BWV 564 eröffnete der Oberhausener Gastorganist Friedrich Storfinger das fünfte Konzert im diesjährigen Leichlinger Orgelsommer. Souverän ließ er die Toccata inklusive anspruchsvollem Pedalsolo brausen, nahm das Adagio weder extrem langsam noch zu leise und hängte die Fuge in diszipliniertem Gleichmaß an. Vor allem wirkte sein freilich theoretisch konsequent durchdachtes Spiel keineswegs akademisch. Überzeugende Musizierfreude riss die Zuhörer in der evangelischen Kirche Marktstraße mit.

Der katholische Kirchenmusiker und Leiter des Städtischen Musikvereins Bottrop hat damit klar bewiesen, dass Bach der Dreh- und Angelpunkt der Orgelliteratur ist. Was lässt sich nach so einer Konzerteröffnung noch draufsetzen?

Friedrich Storfinger setzte auf eine Gleichung mit drei Unbekannten: Gerhard Bunk, Naji Hakim, Andreas Willscher. Drei Organisten und Komponisten des 20. Jahrhunderts, von denen der Älteste, Gerhard Bunk, immerhin schon 1888 geboren ist. "Das Stück verdient es, öfter gespielt zu werden", begründete Storfinger anfangs seine Auswahl. Immerhin soll Max Reger begeistert gewesen sein von den musikalischen Fähigkeiten des gebürtigen Niederländers, der in mehreren deutschen Städten tätig war und unter anderem 1910 beim Dortmunder "Max-Reger-Fest" mitwirkte. Seine "Legende" op. 29, die in Leichlingen erklang, vereinigt diverse spätromantische Tendenzen.

Nach einem stillen, melodischen Beginn mit einer Art "Lied ohne Worte" steigerte der Organist den Klang beständig, ließ etwas von Bunks Wagner-Begeisterung ahnen, und führte zu einem ruhigen, choralartigen Ausklang.

Als eigenwillige, aber musikalisch reizvolle Aufforderung zum Tanz stellte Storfinger den 2007 entstandenen Variationszyklus "To Call My True Love To My Dance" von Naji Hakim vor. Der Organist nutzte neben der großen auch die Chororgel auf der anderen Seite der Kirche bei diesem abwechslungsreichen Stück, das mit unterschiedlichen Charakteren und Rhythmen spielt und im Finale als Signatur orientalische Klanglichkeit untermischte, ein Hinweis auf die libanesische Herkunft des Komponisten. Mit einer Toccata (Funambulesque) von Andreas Willscher gab Storfinger den rauschenden Abschluss eines Konzertes. Ein virtuoses funkelndes Gewimmel mit markanter, rhythmischer Basslinie nach Art der französischen Spätromantiker, das abgelöst wurde von der Klanglichkeit einer historischen holländischen Kirmesorgel, auf der ein scheinbar bekannter Gassenhauer erklingt.

Ein anspruchsvoller musikalischer Spaß, dem der Gastorganist nichts mehr hinzufügen mochte, und der Abschluss eines bemerkenswerten Konzertes.

(mkl)
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