Langenfeld Wie die Digitalisierung Jobs verändert

Langenfeld · Achim Berg war zu Gast beim Industrieverein und referierte über absehbare Veränderungen im Berufsleben.

Zur Mitgliederversammlung des Industrievereins Langenfeld konnte der Vorsitzende Gerhard Witte Achim Berg (Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom) als Referenten gewinnen. Berg, früher Microsoft-Chef in Deutschland und Mitglied verschiedener Aufsichtsräte, ist seit kurzem auch Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

Im weihnachtlich geschmückten Saal der Dückeburg erledigte der langjährige Vorsitzende die notwendigen Formalien einer Vereinsversammlung zügig, ehe er die rund 90 Zuhörer auf den Vortrag von Achim Berg einstimmte. Witte, selbst Technik-Freak, kündigte "nachdenklich machende Thesen" an. Der rund einstündige Vortag unter der Überschrift "Die Geister, die ich rief!" beschäftigte sich facettenreich mit den Folgen der Digitalisierung. Berg blickte - gestützt auf Filme, Statistiken und Diagrammen - auf die konkreten Veränderungen bei Arbeitsplätzen, im täglichen Leben, bei der Gesundheit und sogar bis hin zu ethnischen und politischen Fragestellungen.

Die rasanten Entwicklungen basieren primär auf der Möglichkeit, immer mehr Daten (die wir ständig freiwillig hinterlassen) zu sammeln und mit höchster Geschwindigkeit zu verknüpfen. Damit gelingt es beispielsweise die Sensorik von Robotern oder die Spracherkennung zu optimieren und und ermöglicht letztendlich künstliche Intelligenz wie selbstlernende Computer.

Berg warnte die Geschäftsleute vor der Geschwindigkeit der weiteren Entwicklung "Wachstum ist nicht linear, sondern exponentiell, immer schneller". Er erinnerte beispielhaft daran, dass es 38 Jahre gedauert habe, bis die neue Erfindung "Radio" 50 Millionen Nutzer hatte, Twitter erreichte diesen Wert in neun Monaten, bei Pokemon dauerte es wenige Tage. Plattformen, deren Geschäftsmodell der Datenaustausch ist, sind - so Berg - die wertvollsten Marken, "obwohl der Taxi-Dienst Uber kein einziges Auto, Airbnb keine Immobilie und Flixbus nur einen Bus besitzt".

Düster waren Bergs Thesen zur Notwendigkeit bestimmter Berufe in 20 Jahren, "rund 90 Prozent der Buchhalter, Steuerberater, Taxifahrer oder Einzelhandelskaufleute werden vermutlich nicht mehr benötigt". Beim Blick in die Zukunft machten die medizinischen Anwendungen Hoffnung: Notaufnahmen, deren Performance um 30 Prozent steige, E-Tattoos am Körper, die drohende Schlaganfälle Stunden vorher meldeten, oder Blinde, die infolge mit dem Gehirn verbundener Spezialbrillen wieder sehen können.

Die aktuelle Lage sieht BDI-Vize Berg kritisch, "die Digitale Bildung muss verstärkt werden, durch die Regierungskrise verlieren wir bei entscheidungsreifen Projekten ein weiteres Jahr". Es fehlten außerdem 55.000 IT-Spezialisten, und "die Versorgung mit Glasfasernetzen ist in Deutschland im europaweiten Vergleich völlig unzureichend", sagte der Experte.

(mmo)
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