Langenfeld Waschbär entert auch Vogelfutterhäuser

Langenfeld · Eines Abends hörte Hans-Joachim Friebe kratzende Geräusche. Der Gruitener Landschaftswächter schaute aus dem Fenster und staunte. Da kletterte ein Waschbär an einer glatten Holzwand hoch und schaffte es, ein hängendes Vogelhaus leerzufressen.

"Der Waschbär ist zur Plage geworden und sorgt für große Schäden", stellt Friebe fest. Dabei meint er nicht seine vom nachtaktiven Tier komplett verputzte Erdbeerernte, sondern viel mehr die durch des Waschbärs Fresslust sehr dezimierte Kreuzkröten-Population in der Grube 7 oder die geplünderten Singvogelnester. Trotz allen Grolls: Aus Gründen des Naturschutzes gebe es aber keine Berechtigung, diesem Tier irgendwelches Leid anzutun, steht für Friebe fest.

Der Gruitener Jäger Karl-August Niepenberg hat eine etwas andere Perspektive. Die Entwicklung der Waschbär-Population sei "dramatisch". Das macht der Jäger unter anderem fest an der Zahl auf Straßen überfahrener Waschbären. "Wir Jäger sehen die ganz selten, wenn wir ansitzen. Die Klagen von Bürgern nehmen zu", berichtet Niepenberg, der dringend davon abrät, Katzen draußen zu füttern oder - etwa nach dem Grillen - Essensreste draußen stehen zu lassen. "Das lockt den Waschbären an." Die Tiere machen es sich unter Carports gemütlich, oder sogar unterm Dach. Sollte das passieren, kann Niepenberg "nur raten, sich mit einem guten Dachdecker in Verbindung zu setzen". Wenn sicher sei, dass das Tier gerade nicht unterm Dach hause, müssten alle Lücken geschlossen werden. Waschbären könnten Dachpfannen, die nicht ganz fest liegen, sogar anheben.

"Als Jäger sind wir bemüht, den Schaden so gering wie möglich zu halten und den Waschbären zu bejagen." Die Tiere könnten im Grunde nur in Fallen gefangen werden - aber da hat das geltende ökologische Jagdgesetz in Nordrhein-Westfalen einen schweren Riegel vorgeschoben. Unter diesem Aspekt hofft Niepenberg darauf, dass die neue Landesregierung die vom letzten Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) erlassenen Bestimmungen wieder lockert.

 Ein Waschbär klettert am Heinhauser Weg in Gruiten zu einem Vogelfutterhaus hoch und verputzt den Inhalt bis zum letzten Körnchen.

Ein Waschbär klettert am Heinhauser Weg in Gruiten zu einem Vogelfutterhaus hoch und verputzt den Inhalt bis zum letzten Körnchen.

Foto: Olaf Staschik

Niepenberg schätzt, dass es in Gruiten 70 bis 80 Waschbären gibt. Damit entspräche deren Population in etwa der der Füchse, die die Jäger aber mit der Jagd kontrollieren können. Gegen den Waschbär sei praktisch kein Kraut gewachsen. "Als Kulturfolger sind sie im Grunde überall." Und: Diese "Invasorentiere" haben hier keine natürlichen Feinde. Allenfalls Jungtiere würden nachts schon mal Beute eines jagenden Uhus.

Niepenberg überrascht mit der Bemerkung, dass der Bestand der großen Nachteulen in unserer Region der größte europaweit sei. Dem Uhu sei es zu verdanken, dass die Zahl der Krähen zurückgegangen ist. Jetzt aber sei es vielfach der Waschbär, der an Bäumen hochklettere und Singvogelnester leer fresse. Im Osterholz gebe es viele Waschbären. Spaziergänger hätten die Tiere dort sogar schon tagsüber bei ihrer Fressjagd in den Bäumen gesehen. Der Waschbär wurde als Pelzlieferant in den 1920/30er Jahren aus Nordamerika zu uns gebracht und lebte hauptsächlich in Pelzfarmen. Mit dem Ziel, ihn bei uns anzusiedeln, wurden Exemplare 1934 in Hessen erstmals ausgesetzt. Hessen war später auch das erste Bundesland, das den Waschbär auf die Liste der jagdbaren Tiere setzte. Auf selbiger ist er inzwischen in jedem Bundesland geführt. Allerdings: Eine Bejagung mit dem Ziel, die Population zu begrenzen, hat nach Ansicht des Naturschutzbundes kaum Aussicht auf nachhaltigen Erfolg. Denn nehme die Population ab, gleiche der Waschbär das durch eine höhere Fortpflanzungsrate aus. Und: In freie Reviere rücken Exemplare aus der Nachbarschaft nach.

(RP)
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