Kolumne Calm Down (10) Was Chorleiter zur Entspannung hören

Langenfeld · Welche Musik hören eigentlich diejenigen, die sonst Musik machen? Wir haben die Chorleiter und Organisten im Kreis Mettmann befragt.

Kolumne Calm Down (10): Was Chorleiter zur Entspannung hören
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Kreis Mettmann (wie/ilpl/höv, von/dora) Der Mettmanner Regionalkantor Matthias Röttger (/) ist zurzeit ziemlich im Stress. Die Kinderchöre von St. Lambertus in Mettmann haben auch in diesem Jahr wieder ein neues Krippenspiel einstudiert, das am Samstag aufgeführt wird. Doch wenn das erst mal sicher über die Bühne geht, hat Röttger sicher die ein oder andere ruhige Minute übrig, um seine Lieblingsmusik zu hören

"Mein absolutes Lieblingsstück ist das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach", sagt Röttger. Er mag die feierlichen Eröffnungs- und Schlusschöre sowie die gelungene Vertonung der Weihnachtsgeschichte.

"Toll ist auch die Abwechslung der Weihnachtschoräle und Arien der Gesangssolisten", sagt Matthias Röttger. Das Stück wurde 1734 das erste Mal vom Thomanerchor in Leipzig aufgeführt. Doch etwas moderner mag es Röttger durchaus. Der Klassiker "White Christmas" berührt sein Herz. "Aber nur, wenn das Lied von unserem Chor gesungen wird."

Dorothea Haverkamp, Chorleiterin der evangelischen Kantorei Hilden, schwört auf ein Hirtenlied: "Oh Freude über Freude, ihr Nachbarn kommt und hört": "Das ist ein volkstümliches Lied aus Österreich, das habe ich schon als Kind gerne gesungen", erinnert sich die Kantorin. Die Volksweise ist vermutlich um 1840 entstanden. Sie steht nicht im Gesangbuch, nur in guten Weihnachtsgesangbüchern, weiß die Chorleiterin. Was ihr daran so gut gefällt: "Es ist ein schlichtes Lied, aber die Melodie drückt die Freude sehr gut aus." Begleiten könnte man das Lied "mit allem, was man hat - Klavier, Blockflöte."

Zu Advent und Weihnachten mag es Carlos Reigadas, Kantor der katholischen Kirchengemeinde St. Jacobus in Hilden, traditionell. So sind die Choräle "Macht hoch die Tür" und "Es kommt ein Schiff, geladen" bei ihm fest gesetzt. "Wenn ich das mit der Orgel anstimme singen die Leute immer kräftig mit. Man merkt dann die große Bedeutung dieser Lieder", sagt der 42-Jährige. Manchmal bringt er auch rockiges mit in die Kirche. "Wenn ein Rockstück eine schöne Melodie hat, kann man das sehr gut auf der Orgel improvisieren." Und auch kölsche Lieder hat er schon mal vertont. "Mer losse d'r Dom en Kölle" sei aber nichts für die Weihnachtszeit.

Wenn es darum geht, restlos zu entspannen, favorisiert der Ratinger Toralf Hildebrandt Opern. Am allerliebsten hört der Chordirektor des Knabenchors Hösel Kompositionen Richard Wagners. "Parsifal" oder "Lohengrin" gehören zu seinen erklärten Lieblingsstücken. "Das ist Musik, die so ganz anders ist als das, was ich für gewöhnlich in meinem Beruf erarbeite", erklärt er. Für gewöhnlich und im Alltag stehen Kompositionen von Musikern wie Johann Sebastian Bach oder Wolfgang Amadeus Mozart und jetzt, saisonal bedingt, Weihnachtsliteratur auf dem Programm. "Da setzt Wagner für mich einen wunderbaren Kontrapunkt."

Und auch der Kosmos von Edwin Pröm, Leiter des Kinder- und Jugendchors der städtischen Musikschule Ratingen, besteht aus mehr als bloß einer Tonart. Johann Sebastian Bachs "Weihnachtsoratorium" bringt ihn so "richtig in Stimmung". Und will er richtig "wegtauchen, geht das am besten mit Orchestermusik von Brahms".

Orgelmusik fesselt die Sinne und vermag den Zuhörer ganz einzunehmen. Eine wunderbare Möglichkeit, sich in musikalische Welten zu träumen.

Wer sich in der evangelischen Kirche in Haan den Orgelklängen hingibt, wird vielleicht merken, dass Kantor Martin Honsberg ein großer Freund von Komponisten ist, "die noch nicht so lange tot sind oder noch leben." Es dürfe auch mal Avantgarde sein, doch da sei der Zugang schwerer.

"Wunderschöne Musik kommt vom Deutschen Ernst Pepping. Aber auch die Engländer haben eine große Choraltradition", sagt der 26-Jährige. So bekämen alte Choräle aus dem 16. Jahrhundert vom Komponisten John Rutter ein neues Gewand. Neue Gewänder schneidert auch der junge Kantor aus Haan: Das kirchliche Weihnachtslied "Es ist ein Ros entsprungen" will er in diesem Jahr poppig und jazzig vertonen.

Die Tradition bedient er mit einer Bearbeitung eines Bach-Chorals. Privat hört Honsberg übrigens Rockmusik von der guten alten CD.

Einen eher ungewöhnlichen Geschmack hat Sven Schneider, Kantor in der evangelischen Kirchengemeinde Langenfeld. Zum Entspannen hört der 47-Jährige gerne Musik aus längst vergangenen Zeiten - genauer gesagt: aus Frühbarock und Renaissance. "Das entführt mich ein Stück weit aus dem Alltag und in eine ganz andere Welt", meint Schneider. "Das ist immer wieder ein faszinierendes Erlebnis."

Besonders angetan haben es ihm die Werke von Komponisten wie Claudio Monteverdi, der im 16. Jahrhundert lebte und als einer der Schöpfer der italienischen Opernmusik gilt.

An der alten Musik, die er selbst gerne hört und singen lässt, gefällt ihm vor allem die "Mehrchörigkeit" - und der Einsatz von Instrumenten, die es heute nicht mehr gibt. Ein Beispiel ist der "Zink", der als "Trompete der Renaissance" gilt. "Das ist schon ein ganz besonderer Klang", findet Schneider. Überhaupt sei die von ihm vor allem für ihre klare Struktur geschätzte Musik meist "klangträchtig, strahlend und prächtig".

(RP)
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