Monheim und in Monheim - die Befreiung

Monheim · Karl-Heinz Hennen und Horst Waldner beschreiben in ihrer Dokumentation "Monheim 1945 bis 1949 - Kriegsende, Besatzung und demokratischer Neubeginn" die Kapitulation der kleinen Rheingemeinde.

Zunächst war es nur ein Gerücht: Amerikanische Panzer stehen auf dem Laacher Feld, bei den Spritwerken und in der Bleer Siedlung. Doch dann bestätigte es sich: Am 16. April wurde Hitdorf ohne Kampf besetzt. Gegen 14.15 Uhr wurden die ersten amerikanischen Soldaten in Blee gesichtet. Von den Rheinwiesen her fielen Schüsse, dann wurden die wenigen verbliebenen deutschen Soldaten in Gefangenschaft abgeführt.

So beschreiben Karl-Heinz Hennen und Horst Waldner in ihrer 1989 erschienenen Dokumentation "Monheim 1945 bis 1949 - Kriegsende, Besatzung und demokratischer Neubeginn" die Kapitulation der kleinen Rheingemeinde. Wenig später um 15.20 Uhr begann auf dem Alten Markt eine wilde Knallerei. Der Platz stand voller Fahrzeuge, und die Amerikaner feuerten ziellos in die Luft. Die Menschen, die in ihren Kellern Schutz vor den Bombenangriffen gesucht hatten, standen nun dicht gedrängt auf dem Platz und schwenkten weiße Fahnen.

Sechs Wochen zuvor, am 5. März, hatte starker Artilleriebeschuss eingesetzt. Unter anderem erhielt der Schelmenturm einen Treffer an der Westseite, der noch heute zu sehen ist. Schon vorher, am 21./22. Februar, war das Kirchenschiff von St. Gereon durch einen Minenvolltreffer völlig zerstört worden, und zwei Tage später brannte die Turmspitze nieder. Grete Thönneßen schrieb am 17. März in ihr Tagebuch: "Es wird verflixt lang mit Im-Keller-Sitzen. Wer weiß, wie lange wir dieses Los noch ertragen sollen . . . Aber wir sind ja so schnell nicht mutlos, wir wollen ja schon was aushalten, wenn wir in unserm Heim bleiben können."

Doch nach Kriegsende konnten das viele der knapp 7000 Einwohner des Amtes Monheim (dazu gehörten Hitdorf sowie die beiden Gemeinden Monheim und Baumberg) nicht. In Monheim wurden 174, in Hitdorf 44 Wohn- und Geschäftshäuser zerstört, so Stadtarchivar Michael Hohmeier. 73 Menschen starben allein beim schwersten Bombenangriff vom 21./22. Februar. Rund 300 Monheimer seien es während der gesamten Kriegszeit gewesen, vermutet Karl-Heinz Hennen. Genaue Zahlen darüber liegen nicht vor. Belegt ist aber, dass 162 Soldaten in Monheim und Baumberg fielen. In Hitdorf starben rund 200, als am 6. April 1945 der Angriff der Amerikaner zurückgeschlagen wurde. Zwölf Monheimer jüdischen Glaubens sowie der katholische Pfarrer Franz Boehm wurden in Konzentrationslager gebracht und fanden dort den Tod. Während des Krieges starben 37 Zwangsarbeiter. Die Überlebenden kehrten meistens in ihre Heimatländer zurück. Dafür wurden - laut Stadtarchivar Hohmeier - Sammeltransporte organisiert. Die Luftschutzwache des Rathauses registrierte 1034 Alarme und 22 582 Brand- sowie Sprengbombenabwürfe.

Kurz vor dem Einmarsch der Alliierten hatten Bürger an einigen Stellen die Barrieren auf den Zufahrtsstraßen weggeräumt, um Ärger zu vermeiden. Die waren erst wenige Tage vorher auf Befehl der nationalsozialistischen Führung errichtet worden. Der Monheimer NS-Bürgermeister Josef Grütering brachte sich rechtzeitig vor dem Eintreffen der Sieger in Sicherheit und floh nach Olpe, "um sich dem Volke zu erhalten", wie Hennen ihn aus einer Verwaltungsakte der Jahre 1945 bis 1949 zitiert. Franz Bambeck wurde daraufhin Ende März zum kommissarischen Bürgermeister ernannt, und er ging sogleich tatkräftig daran, für Ordnung zu sorgen. So erließ er noch am Tage der Besatzung eine Ausgangssperre und rief die Bevölkerung dazu auf, ihre Waffen abzugeben. Und er verpflichtete alle Bürger zu Aufräumarbeiten. Dennoch wurde er am 23. Mai von der amerikanischen Militärpolizei verhaftet und in ein Internierungslager für NS-Verdächtige gebracht. Da ihm jedoch keine Vergehen nachgewiesen werden konnten, ließen sie Bambeck nach einigen Wochen wieder frei. Der Befehlshaber des US-Military Government Rhein-Wupper-Kreis, Major James R. Case und der Town Major von Monheim, Lieutnant Philip B. Clark, beauftragten Franz Bambeck, nachdem sich das tragische Missverständnis aufgeklärt hatte, sofort damit, die Verwaltung weiterzuführen.

Die Monheimer seien bemüht gewesen, sich gegenüber den Besatzern respektvoll zu verhalten und sich anzupassen, so Hennen. Dennoch mussten sie, die sowieso schon unter den Zerstörungen und der Wohnungsnot litten, teilweise ihre Räume an die Besatzer abtreten. Mit dem Einzug der Amerikaner erfolgten rasch die ersten Beschlagnahmungen. 29 Wohnungsinhaber erhielten die entsprechenden Requirierungs-Bescheinigungen. Die Unterkünfte wurden auch für die vielen ehemaligen Zwangsarbeiter genutzt. Besonders betroffen waren die Anwohner der Turmstraße, der Freiheit, der Lotten- und der Krischerstraße.

Führende Nationalsozialisten wurden ihrer Ämter enthoben, ehemalige NSDAP-Mitglieder mussten sich jeden Sonntag zum Arbeitseinsatz am Rathaus melden. Wer nicht erschien, dem wurden die Lebensmittelkarten entzogen, und er musste den Dienst an einem Werktag nachholen, berichten Zeitzeugen, die Karl-Heinz Hennen für seine Dokumentation befragt hatte.

Der Wiederaufbau der zerstörten Häuser kam zügig in Gang. Die Handwerker durften nur Arbeiten durchführen, die das Bauamt zugewiesen hatte. Und auch die Wirtschaft erholte sich. Im größten Monheimer Betrieb, der Erdöl-Raffinerie der Rhenania-Ossag (später: Shell), wurde die Produktion 1946 wieder aufgenommen. Wurden 1945 nur 4250 Tonnen Schmieröle und Bitumen produziert, waren es 1946 bereits 31 000 Tonnen und 1950 wurde mit 135 000 Tonnen wieder Vorkriegsniveau erreicht, berichtet Hohmeier.

Die ersten demokratischen Kommunalwahlen fanden am 15. September 1946 statt. Im Gemeinderat erhielt die CDU 58,71 Prozent, die SPD 19,43, KPD 10,55 und die Unabhängigen 11,36 Prozent der abgegebenen Stimmen.

(RP)
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