Kreis Mettmann Rezepte gegen die Wohnungsnot

Kreis Mettmann · Heimat 21: Der Architekten-Bund Bergisch Land organisiert in Hilden eine Podiumsdiskussion mit Experten.

 Auch in Langenfeld ist preiswerter Wohnraum knapp. Lothar Ziska (l.) und Manfred Etschenberg haben 2014/15 an der Weberstraße in ein Haus mit 32 öffentlich geförderten Wohnungen investiert.

Auch in Langenfeld ist preiswerter Wohnraum knapp. Lothar Ziska (l.) und Manfred Etschenberg haben 2014/15 an der Weberstraße in ein Haus mit 32 öffentlich geförderten Wohnungen investiert.

Foto: Ralph Matzerath

Um 1900 lebten 10 Prozent der Deutschen in Städten: 2007 waren es schon 50 Prozent. 2050 werden es sogar 75 Prozent sein, sagen Prognosen: 30 Prozent der Städter werden über 60 Jahre alt und 50 Prozent Singles sein. "Die Stadt wird dichter, älter und bunter", fasst Christof Gemeiner zusammen. Der Hildener Architekt ist Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten Bergisch Land und lädt für heute, 19 Uhr, zu einer spannenden Podiumsdiskussion in den Silo der Gottschalks Mühle (Mühle 64) in Hilden ein: "Heimat 21 - lebenswert, bezahlbar, integrativ und nachhaltig". "Das ist Stress für die Städte, aber positiver Stress", sagt Gemeiner: "In der Bewegung liegt die Kraft."

Geht's auch konkreter? Bezahlbare Wohnungen zum Beispiel: Rat und Verwaltung fordern sie seit Jahren. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Die Mieten in Hilden zählen mit zu den höchsten in NRW. "Clusterwohnungen" sind eine Alternative, meint Gemeiner: kleine, individuelle Wohnungen mit 25 bis 30 Quadratmeter pro Person, extrem platzsparend und bezahlbar. Weitere Nutzungen wie Gästezimmer, Büro, Bibliothek buchen die Mieter einfach dazu: "Das ist keine WG, eher ein Hotel." Bedeutet diese Reduktion nicht radikalen Verzicht? Nein, meint Gemeiner: "Das ist eine Befreiung von unnötigem Ballast." Im Steinhäuser Zentrum könnte man Cluster-Wohnungen einrichten und aus der Problem-Immobilie ein Vorzeige-Objekt machen: "Das zeigt meine Umnutzung, die ich im Auftrag der Stadt Hilden gemacht habe."

Auch der Gesetzgeber sei aktiv geworden. Die Baunutzungsordnung sei geändert worden und sehe ab 2017 "urbane Gebiete" vor: Läden und Büros, die leer stehen, können jetzt fürs Wohnen umgenutzt werden. Die Uni Darmstadt habe errechnet, dass in Deutschland 1,5 Millionen Dachaufstockungen möglich seien, um zusätzlichen Wohnraum in den Städten zu mobilisieren. Die Stadt Münster verkaufe Bauland nicht mehr meistbietend, sondern an den Investor, der die niedrigsten Mieten garantiere, berichtet Unternehmer Dietrich Ernst, Anwender Deutscher Nachhaltigkeitskodex. Baugenehmigungen gebe es nur noch, wenn die Stadt Münster beteiligt werde - und so Einfluss auf die Mieten nehmen könne: "Das funktioniert sehr erfolgreich."

Was sagt Christof Gemeiner als Architekt zu Hilden? Hilden sei eine außerordentlich dichte Stadt: "Das wird von den Bewohnern aber als sehr positiv empfunden. Man kann viel zu Fuß oder mit dem Rad erledigen. Gut gelöst ist auch die Unterbringung der Flüchtlinge: Man hat kein Ghetto gebaut." Und was ist schlecht in Hilden? "Das Wohnungsangebot ist einseitig auf Gutverdiener und zahlungskräftige Ältere ausgerichtet. Es fehlen bezahlbare Wohnungen für Familien und junge Singles. Abends ist die Innenstadt tot." Zur Podiumsdiskussion hat Gemeiner unter anderem auch die "Wohn-Aktivistin" Dr. Heidrun Hoppe-Treutner eingeladen. Sie hat den Verein "Gemeinsam Leben am Schloss Benrath" gegründet und ist dessen Vorsitzende. Sie hat die Stadt Düsseldorf dazu gebracht, über die städtische Wohnungsbaugesellschaft ein Grundstück für innovative Wohnformen zur Verfügung zu stellen. Das plant die Stadt Hilden auch auf dem Gelände der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule.

(RP)
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