Langenfeld Notfalltraining an Babypuppe Mäxchen

Langenfeld · In einem Erste-Hilfe-Seminar lernen Eltern, wie sie ihre Kinder vor einem Sauerstoffmangel im Gehirn nach einem Unfall bewahren können.

 Im Kinder-Notfallkurs in Langenfeld erklärt Thomas Kell (r.) unter anderem den Umgang mit einem Defibrillator.

Im Kinder-Notfallkurs in Langenfeld erklärt Thomas Kell (r.) unter anderem den Umgang mit einem Defibrillator.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Ein bisschen befremdlich ist es für den jungen Vater schon, Mäxchen, der Babypuppe, 30 Mal auf den Brustkorb zu drücken und sie dann durch die Nase zu beatmen. Doch alle Teilnehmer des Kindernotfall-Seminares wissen nach zwei spannenden Stunden Theorie, wie wichtig es ist, dass man diese Handgriffe als "Ersthelfer" im Ernstfall aus dem Effeff beherrscht. Der verschluckte Kirschkern, der Sturz in den Gartenteich, der Fahrrad- oder Autounfall - das sind alltägliche Gefahren, denen Kinder ausgesetzt sind, erfährt ein gutes Dutzend Eltern im Seminarraum der Sportgemeinschaft Langenfeld. Eingeladen hat die Viactiv Krankenkasse.

Eltern, die in ersten Minuten richtig handeln, bewahren ihre Sprösslinge unter Umständen vor dem Schlimmsten: einem lebenslangen Aufenthalt im Pflegeheim. Lehr-Rettungssanitäter Thomas Kell malt ein dramatisches Bild, dessen was passieren kann, wenn Mütter und Väter ratlos Zeit verstreichen lassen, ehe der alarmierte Rettungsarzt eintrifft. Bei Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff zählt jede Minute, eigentlich jede Sekunde, mahnt Kell die Eltern eindringlich.

Seminar-Teilnehmer Stefan Warschun, Vater von drei Kindern im Alter von 14, neu und vier Jahren, gibt zu: "Ich habe noch nie an so einem Kurs teilgenommen. Dabei ist die Gefahr sehr groß, dass besonders mein vierjähriger Sohn, der gerade anfängt zu klettern, irgendwann hinfällt, sich was bricht oder mit dem Kopf aufschlägt. Ich fand, es war jetzt an der Zeit, mich zu informieren."

Wie konfus man handelt, wenn das dreijährige Töchterchen die Treppe runtergefallen ist und schreiend liegen bleibt, weiß auch Hanna M., Mutter von zwei kleinen Mädchen. "Das Herz schlug mir bis in den Hals. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte", sagt sie. Zum Glück war nichts Großes passiert. Ihre Unsicherheit trieb sie aber sofort in den Erste-Hilfe-Auffrischungskurs. "Das muss man einfach regelmäßig machen" sagt sie. Übrigens nicht nur, weil man im Laufe der Jahre so viel vergisst. Sondern auch, weil viele Verhaltenstipps überholt sind, wie sich im Rahmen des Seminars rasch herausstellt.

"Bei einem verschluckten Kirschkern, der in der Luftröhre festsitzt, hat man den Eltern jahrzehntelang den Luftröhrenschnitt mit einem scharfen Küchenmesser oder das kräftige Zustoßen mit einer Metallspitze unterhalb des Kehlkopfes empfohlen", erzählt Thomas Kell. "Sind wir doch mal ehrlich, welche Mutter oder welcher Vater schafft das? Das ist selbst für Rettungssanitäter eine ganz harte Nuss." Wie es nach neueren Erkenntnissen heute auch anders geht, zeigt er an einer Puppe: Kopf überstrecken, auf die Zunge achten und beatmen, zuvor aber unbedingt schauen, ob nichts mehr im Mundraum ist, das noch in die Luftröhre geraten kann. "Etwas Luft gelangt so immer am verschluckten Hindernis vorbei immer in die Bronchien." Wie man das alles hinkriegt, proben die Teilnehmer mehr oder minder geschickt an Max und Mäxchen, den Puppen, die sie ins Leben zurückbefördern sollen. Auch für den Umgang mit einem Kind unter Schock gibt es Regeln: "Vertrauen aufbauen, auf Augenhöhe kommunizieren, offene Fragen stellen, nicht belügen, erklären, was man macht", listet Rettungsassistentin Steffi Lenz auf.

"In Deutschland hinken wir leider sehr hinter her, was Erste Hilfe betrifft", sagt Kell. "Wenn Sie einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall kriegen, dann am besten in Holland oder den skandinavischen Ländern. Da wissen schon Kinder, was im Notfall zu tun ist." Denn Erste Hilfe sei da ein Pflichtfach in der Schule.

(RP)
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