Langenfeld Langenfelds Pech mit Olympia

Langenfeld · Vor 80 Jahren fuhr Heinz Sandrock vom Immigrather Turnverein als Favorit nach Berlin - und erkrankte kurzfristig.

Die hölzerne Turnhalle, in der er trainierte, steht längst nicht mehr - an ihrer Stelle befindet sich heute das Langenfelder Rathaus. Doch Heinz Sandrock (1909-1990) selbst ist unvergessen. Zumindest bei der SGL. Im Bewegungszentrum der Sportgemeinschaft an der Langforter Straße hängt ein gerahmtes Schwarz-Weiß-Foto. Es zeigt den Vize-Weltmeister von 1934 (Reck) am Barren. Die SGL hütet auch einige Medaillen ihres späteren Ehrenmitglieds. Olympisches Edelmetall ist nicht darunter - und das, obwohl der Immigrather noch bei der Eröffnung der Spiele 1936 in Berlin als Anwärter auf Gold galt.

Langenfelds Chancen, einen Olympioniken hervorzubringen, dürften nie größer gewesen sein als im August vor 80 Jahren. Doch ehe die Turnwettbewerbe losgingen, erkrankte der Spitzenathlet des Immigrather Turnvereins (ITV) an einer eitrigen Mandelentzündung. Der Mannschaftsarzt der deutschen Turnerriege verdammte ihn auf die Ersatzbank. "Sie können sich vorstellen, dass der Heinz über diese Entscheidung sehr unglücklich war", erzählte seine Witwe Anneliese Sandrock Jahrzehnte später im RP-Gespräch. Immerhin: "Er durfte dann die olympischen Turnwettkämpfe im Rundfunk kommentieren."

Der Zweite Weltkrieg raubte ihm die zweite Chance auf eine olympische Medaille. Die für 1940 in Tokio bzw. Helsinki sowie 1944 in London geplanten Spiele fielen wegen des vom nationalsozialistischen Deutschland entfesselten Krieges aus. Sandrock wurde eingezogen und 1942 verwundet, lernte im Lazarett seine spätere Frau kennen. Trotz Armverletzung verschrieb er sich auch nach dem Krieg dem Leistungsturnen, trainierte bis Mitte der 60er Jahre die Frauennationalmannschaft. Hauptberuflich unterrichtete er am Benrather Schlossgymnasium.

Langenfelder Medaillen-Anwärter bei Olympia hat es seither nicht mehr gegeben. Immerhin stellte die Posthorn-Stadt von 1996 bis 2004 bei drei Spielen hintereinander Olympia-Teilnehmer. Es war die Glanzzeit des Badminton-Bundesligisten FC Langenfeld. 1996 starteten Oliver Pongratz und Karen Stechmann in Atlanta, vier Jahre später war Stechmann, nunmehr verheiratete Neumann, auch in Sydney dabei. In Athen 2004 schied Björn Joppien im Achtelfinale aus. Zweiter Teilnehmer aus den Reihen des FCL war der polnische Nationalspieler Przemyslaw Wacha.

Kein Olympionike also - statt dessen ein Streit um den Olympia-Organisator von 1936, Carl Diem (1882-1962). Nach dem wurde 1971 ein Weg in Immigrath benannt - eine Entscheidung, die heute undenkbar wäre. Denn dieser bedeutende Sportfunktionär erfand nicht nur das Sportabzeichen, den Vorläufer der Bundesjugendspiele und den olympischen Fackellauf der Neuzeit - er wirkte auch am Ausschluss jüdischer Sportler aus der deutschen Olympiamannschaft 1936 mit und verherrlichte Hitlers Krieg. Seit den 1980er Jahren wurde die NS-Vergangenheit des Gründers der Deutschen Sporthochschule zunehmend ins Licht gerückt, was in Langenfeld in einen Umbenennungsdebatte mündete. Der Rat entschied sich jedoch 1997 mit 27 zu 22 Stimmen gegen eine Umbenennung. CDU-Mehrheit und etliche Anwohner verwiesen besonders auf bürokratischen Aufwand und Kosten einer Umbenennung.

Unverfänglich hingegen ist der Vereinsname von Olympia 68/82 Langenfeld, einem der beiden Teilclubs der Sportkegler Langenfeld. "Olympia wurde als Geselligkeitskegelclub gegründet", weiß Manfred Jung, Vize-Vorsitzender der Sportkegler. "Vielleicht haben die Gründer ihn so genannt, weil gerade die Olympiade in Mexiko-Stadt war."

Und dann ist da noch Svenja Milde. Die damalige Studentin und Übungsleiterin der SGL berichtete 2008 in einer RP-Kolumne von den Spielen in Peking. Die KAG-Abiturientin (2006) jobbte als Servicekraft im VIP-Zelt eines deutschen Unternehmens. Anschaulich schilderte sie ihre Erlebnisse mit Sicherheitskontrollen oder Märkten mit Hühnerfüßen zum Knabbern, Frosch- und Wurmspezialitäten.

(gut)
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