Langenfeld Künstler experimentiert mit Köpfen

Langenfeld · Ivo Lucas stellt unter dem Titel "Tell me! Did I turn you on?" in der Wasserburg Haus Graven aus.

 Ivo Lucas hat Blumen in den Köpfen von Schaufensterpuppen eingetopft - eines der Werke, in denen er Geschichte und Gegenwart hinterfragt und die in der Wasserburg Haus Graven in Wiescheid zu sehen sind.

Ivo Lucas hat Blumen in den Köpfen von Schaufensterpuppen eingetopft - eines der Werke, in denen er Geschichte und Gegenwart hinterfragt und die in der Wasserburg Haus Graven in Wiescheid zu sehen sind.

Foto: Ralph Matzerath

Fünf Schaufensterpuppenköpfe hängen an einem matratzengroßen Holzkasten, der als Leinwand dient. Plötzlich öffnen sich ihre Schädeldecken. Abwechselnd ragen Blumen zur Musik von Tschaikowskys Schwanensee aus den Köpfen heraus. Schwarze Kleckse auf der Leinwand erinnern an Einschusslöcher. Unter einer Farbschicht blitzen "Helden" aus der Kriegsgeschichte wie gusseiserne Statuen durch. Zwei amerikanische Touristen in Hawaiihemden mit Kameras um den Hals blicken dem Betrachter entgegen. Die USA schaut auf Europa. Das ist eines der Themen einer neuen Ausstellung in der Wasserburg Haus Graven.

Ivo Lucas heißt der Künstler, "Tell me! Did I turn you on?" seine Werkschau. Kurator Colmar Schulte-Goltz organisierte die Ausstellung zusammen mit Oliver Noelte von der Galerie "kunst-raum" aus Essen. Lucas' Arbeiten befinden sich in Kunstsammlungen in ganz Europa, China, Korea, Puerto Rico und den USA. "Unser Fördervereinsvorsitzender Lothar Marienhagen und ich wollten Ivo Lucas unbedingt haben. Deshalb bat ich meinen Neffen, Oliver Noelte, die Ausstellung für uns in die Wasserburg zu holen", berichtet Schriftführerin Doris Wasserrab-Noelte vom Burgverein.

"Lucas' Themen sind die Identität und die Identitätssuche. Seine Kunst stellt Fragen an den Betrachter sowie an das Leben", betont Schulte-Goltz. Und tatsächlich: Lucas' Bilder sind bei genauerem Hinschauen verstörend und entlarvend zugleich. Mit allen Mitteln der Kunst komponiert und inszeniert er seine Werke. "Ivo Lucas hat Überlagerungen entwickelt, die fast eine surreale Wirkung entfalten. Er setzt sich mit den Themen der Surrealisten auseinander und wird selbst zu einem Surrealisten 2.0", sagt Colmar Schulte-Goltz. Seine Bilder enthalten Schichten aus Pigmenten, Öl, Lack oder Sprayfarbe. Der Künstler arbeitet zudem mit Scherenschnitten. In fast jedem Bild greift er bedeutsame Aspekte, Zitate und Wendepunkte aus der Geschichte sowie aus der Gegenwart auf und setzt diese zu einem vielschichtigen Bild zusammen, das zum genauen Hinschauen und Nachdenken anregt.

"Ich arbeite mit den Dingen, die da sind, und versuche, dahinterzublicken und zu verstehen, wie etwas in der Gesellschaft funktioniert, was kaputtgegangen ist und warum die Menschen in vielen Bereichen auf politischer Ebene so folgsam sind", sagt Lucas. In seinen Werken finden sich deshalb sowohl kritische Anspielungen auf den 11. September als auch das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA. Der Maler versucht, mit einem 50er-Jahre-Kaufhaussofa-Waldidylle-Kitschbild auf den ersten Blick eine Idylle vorzugaukeln, die es bei genauer Betrachtung nicht gibt. Seine Bilder stecken voller Verschlüsselungen und Botschaften, denen eine von Lucas selbst entwickelte Symbolsprache aus Dreiecken und Quadraten zugrunde liegt. "Noam Chomsky mit seinen "zehn Strategien der Manipulation" war dafür mein Vorbild", sagt Lucas. Der Betrachter wandelt durch Schlösser und Zeiten und begegnet bei seinem Spaziergang nicht nur Salvador Dalí, David Lynch oder Joseph Beuys, sondern auch Rubens. "Ich mochte ihn erst gar nicht, aber mittlerweile habe ich Peter Paul richtig lieb gewonnen", sagt Ivo Lucas.

Für ein musikalisches Rahmenprogramm der Vernissage auf höchstem Niveau sorgte der Pianist Michael Lang, Lehrkraft an der Musikschule Langenfeld, mit seinen Interpretationen von Carl Philipp Emanuel Bachs "Freie Phantasie in fis-moll" sowie Alexander Skrjabins "Etude Allegro".

(vg)
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