Monheim Klabauterfrau singt in Monheim vom Meer

Monheim · Die Neanderland-Biennale hat die Rheingemeinde erreicht. Alessandra Ehrlich gab auf einem Spielplatz-Schiff Seemannsgarn zum besten.

 "Bevor ich den Leuten auf der Straße die Hüte vom Kopf schlage, weiß ich, ist es Zeit, auf See zu gehen": Alessandra Ehrlich musizierte am Heinrich-Zille-Platz auf dem Schifferklavier und erzählte vom Fernweh.

"Bevor ich den Leuten auf der Straße die Hüte vom Kopf schlage, weiß ich, ist es Zeit, auf See zu gehen": Alessandra Ehrlich musizierte am Heinrich-Zille-Platz auf dem Schifferklavier und erzählte vom Fernweh.

Foto: RALPH MATZERATH

Vor dem Kletterschiff auf dem Spielplatz Heinrich-Zille-Platz in Monheim sind die Stuhlreihen gefüllt. Pünktlich zum Beginn des Stückes "Mär und mehr - von der See" reißen die Wolken auf, und die Sonne kommt heraus. So werden die Regencapes, die die Mitarbeiter der Neanderland-Biennale vorsorglich mitgebracht haben, nicht gebraucht.

"Es geschah immer wieder, dass jemand den Kopf hob und es sah. Dabei waren es mehr als 1000 Menschen auf dem Schiff", beginnt die in einen Herrenmantel gehüllte Frau am Kletterschiff zu erzählen. "Jedes Mal, aber wirklich jedes verdammte Mal, drehte er sich zu uns um und flüsterte: Amerika." Auf jedem Schiff gebe es jemanden, der Amerika als erstes sieht. "Das ist Schicksal." Dann spricht sie von dem schwankenden Boden, den der Seemann nach langer Schiffsfahrt vorfindet, wenn er an Land geht. "Man kann zwar von Bord gehen, aber vom Meer ..."

Dann fällt Alessandra Ehrlich ganz plötzlich aus der Rolle und spricht das Publikum ganz direkt an, will von ihren eigenen Erlebnissen bei der Überquerung des Atlantiks berichten. "Wir sind in der Karibik gestartet", sagt sie im Plauderton, zieht ihren Mantel aus und setzt sich direkt vor die Zuschauer, um dann inne zu halten. "Sie wollen Theater, oder?", fragt sie, springt auf und zitiert Shakespeare: "Wenn du meinst, das Leben ist ein Theater, dann such dir eine Rolle aus, die dir besonders viel Spaß macht." Beherzt besteigt sie das rote Holzboot und erzählt von ihren Anfängen auf dem Segelschiff. "Die Köchin gratulierte mir zu meinem Rekord", meint sie. "Siebenmal kotzen an einem Tag ist schon beachtlich."

Viele Schriftsteller und Dichter haben sich dem Thema "Meer" gewidmet, viele haben ihre Ansichten und Einsichten in Texten, Gedichten oder Liedern festgehalten. Die Schauspielerin Alessandra Ehrlich hat sich Ausschnitte aus diesen Werken gesucht und mit ihrem ganz persönlichen Seemannsgarn zusammen zu einem eigenen Stück verwoben, das heiter und nachdenklich zugleich macht. Dabei wechselt es stets ab zwischen lustigen und anderen Episoden. Etwa der, bei der sie mit Hilfe einer Honigmelone demonstriert, wie sie eine Goldmakrele gefangen und getötet hat, und eindrücklichen Zitaten wie dem von Herman Melville: "Bevor ich den Leuten auf der Straße die Hüte vom Kopf schlage, weiß ich, ist es Zeit, auf See zu gehen. Und zwar sofort." Dazwischen singt sie - natürlich zum Schifferklavier - Piratenlieder oder demonstriert mit Seilen, wie ein Achterknoten oder ein Schotstek geknotet wird. Immer mehr Passanten bleiben stehen, verweilen und lauschen den Geschichten, Gedichten und Liedern rund ums Meer, der See, die die Menschen nicht loslässt, sie anzieht, sie träumen lässt, sie aber auch das Fürchten lehrt. Mit heiterer Melancholie und nachdenklichem Frohsinn, ein wenig Ironie und einem zwinkernden Auge weckt Alessandra Ehrlich im Monheimer Publikum die Sehnsucht nach dem Meer.

(grue)
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