Langenfeld/Düsseldorf Im Laden Messer gezückt - doch was geschah dann?

Langenfeld/Düsseldorf · Algerier vor dem Landgericht. Er soll in einem Langenfelder Drogeriemarkt Detektiv bedroht haben, streitet dies aber ab

Es war im Sommer 2014. Ein Algerier (33) steckt in einem Langenfelder Drogeriemarkt Parfüms in eine Umhängetasche. Der Ladendetektiv beobachtet das über Spiegel unter der Decke. Dann will der Mann den Laden verlassen, ohne zu bezahlen. Der Detektiv hält ihn fest. Der Ertappte sagt: "Ich bezahle, ich bezahle." Doch der Detektiv beordert ihn ins Büro. Das will der Algerier nicht. Aus Angst vor der Polizei, wie er später erklärte. Der Detektiv hält den Riemen der Umhängetasche fest, der Andere holt ein Klappmesser aus der Hosentasche und öffnet es.

Was danach passierte ist unklar - und ließ die Richterin am Düsseldorfer Landgericht gestern teilweise ratlos zurück. Wollte der Algerier mit dem Messer wirklich den Gurt der Tasche durchschneiden, wie er vor Gericht sagte, um dann weglaufen zu können? Oder wollte er den Detektiv mit dem Messer abschrecken, damit er der Tasche hätte entkommen können? Oder hatte er die Absicht, den Detektiv zu verletzen? Das alles blieb im Gerichtssaal unklar. Deshalb diskutierten die vorsitzende Richterin, der Staatsanwalt und die beiden Anwälte des Angeklagten dann auch, worum es denn eigentlich gehen sollte. Um Diebstahl? Um räuberischen Diebstahl? Oder um versuchte gefährliche Köperverletzung?

Während der Befragung mutmaßte der Detektiv viel. Auch widersprachen sich seine Aussagen und die des Angeklagten. Die Richterin fragte immer wieder nach, wirkte dabei fast schon penetrant. Ja, sagte der Detektiv am Ende. Er könne nicht ausschließen, dass der Algerier vielleicht wirklich den Riemen habe durchschneiden wollen. "Wissen Sie", sagte die Richterin entschuldigend. "Von einer Kleinigkeit kann viel abhängen."

Zu Beginn der Verhandlung ging es um die persönlichen Verhältnisse des Algeriers: der Vater Elektriker, fünf Geschwister, nach der Schule keine Arbeit und "keine Perspektive". 2009 sei er deshalb aus Algerien geflüchtet und habe Asyl beantragt. Der Antrag lief über Jahre, eine Behördenpanne, wie die Anwälte sagen. Jahrelang durfte der Mann deshalb nicht in Deutschland arbeiten. 2012 heiratete er eine Portugiesin und wurde seitdem in Europa gesetzlich geduldet. Bei seiner Frau in ihrer Schweriner Wohnung leben und arbeiten durfte er trotzdem nicht. Stattdessen wurde er unterschiedlichen Asylheimen zugeordnet und quer durch Deutschland geschickt. Schwerin, Düsseldorf, Hilden, Schwerin. "Schlimm war das", sagt er. 2013 bekam er mit seiner Frau auch einen Sohn und hätte "gerne Geld verdient für die Familie". 344 Euro habe er im Monat bekommen, sagt der Angeklagte, der auch nicht zum ersten Mal wegen Diebstahls erwischt und verurteilt worden war. Seit 2015 hat er eine Arbeitserlaubnis und sei nicht mehr durch Diebstahl aufgefallen. Ein Urteil gab es gestern noch nicht.

(RP)
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