Langenfeld Gestatten: Frau Holle und Herr Winter

Langenfeld · Heute ist kalendarischer Winteranfang - Zeit für eine Plauderei mit zwei Leuten, die einen "Namen der Saison" tragen.

Langenfeld: Gestatten: Frau Holle und Herr Winter
Foto: Staschik, Olaf (ola)

Frau Holle aus Benrath hat rein äußerlich mit der Frau Holle aus dem Grimm'schen Märchen gar nichts zu tun: Sie ist nicht klein und dick, sondern groß und schlank. Aber sie kommt genauso nett rüber. Vor allem mit Kindern kann sie es gut, war sie doch Grund- und Hauptschullehrerin und zuletzt - bis zu ihrer Pensionierung - Rektorin an der Bonifatius-Schule in Bilk, die Eltern und Schüler auch gerne Holle-Schule nannten.

Marianne Holle, inzwischen pensioniert, ist Vorsitzende der Heimatgemeinschaft Groß-Benrath, und tritt auch schon mal als Märchentante auf. Beispielsweise beim Sommerfest. "Da sah ich auch märchenhaft aus", sagt sie schmunzelnd. Sie trug ein langes Gewand. "Ich kokettiere gern mit meinen Namen. Der ist ja relativ selten, jeder kann ihn sich sofort merken. Und den mache ich mir dann zunutze."

Frau Holle sei übrigens nicht gerade ihr Lieblingsmärchen, gesteht sie. Da hat sie es eher mit Hans Christian Andersens kleiner Meerjungfrau. Denn sie liebt das Wasser und ist somit eigentlich mehr ein Sommer- als ein Wintermensch.

Überhaupt Märchen. Die ehemalige CDU-Ratsfrau, die vor allem in der Schulpolitik aktiv war, liebt Märchen. Denn gerade Volksmärchen spiegeln die Gesellschaft wider. Es gibt Gut und Böse. "Und sie vermitteln die Realität des Lebens", sagt Frau Holle. Für Kinder sei es wichtig, zu wissen, dass es Gut und Böse gibt. Auch bei der Märchen-Frau Holle. Die lässt über die eine Marie, die lieb war, bekanntlich Gold regnen - und die andere bekommt das Pech.

Marianne Holle bevorzugt das Ausschütteln von Kissen. Sie selbst besitzt ein wunderbares Daunenkopfkissen. In das kuschelt sie sich gerne rein. "Denn ohne Kuschelkissen kann ich nicht schlafen."

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Wenn der Winter in seinen Laden geschneit kommt, dann fühlt sich Herr Winter aus Langenfeld sauwohl. "Ich mag Frühling, Sommer, Herbst und Winter, aber von allen ist mir der Winter am liebsten", sagt der Betreiber des "Elektrostudios" neben dem Freiherr-vom-Stein-Haus an der Hauptstraße.

Für Kunden, die es nicht so mit dem Winter haben und fröstelnd das Geschäft betreten, drückt Herr Winter aufs Knöpfchen: Aus dem Einbau-Automat in der Wand direkt gegenüber der Eingangstür dampft dann Kaffee oder heißes Wasser für Tee oder Kakao heraus. Warum er den Winter so mag? "Na zum Beispiel, weil ich es mir dann vor unserem Kamin daheim in Berghausen gemütlich machen kann."

Manchmal sitzen sogar vier Winter davor: neben Herrn Winter Frau Winter sowie Winter junior eins und Winter junior zwei. Ob sich bald oder irgendwann einmal weitere, kleinere Winter dazugesellen werden, weiß Herr Winter nicht, schließt es aber nicht gänzlich aus. Anderen Wintern ist der 63-Jährige natürlich ebenfalls schon begegnet. Auch Sommern. Herrn und Frau Herbst gibt es weniger häufig - den Lenz noch seltener, außer im Sturm und Drang, und selbst da nur einmal, wenn auch gleich mit drei Vornamen (Jakob Michael Reinhold).

Herr Winter, der seinen Elektroladen unter anderem mit einem frierenden Schneemann dekoriert und Heizlüfter für Frostbeulen im Sortiment hat, hört auf den aparten Vornamen "Ottokar". "Wie ich an meinen Familiennamen gekommen bin, ist ja klar. Aber warum mich mein Vater ,Ottokar' genannt hat, ist mir bis heute ein Rätsel - meine Mutter war von Anfang an dagegen", sagt Ottokar Winter. Soweit er wisse, hießen böhmische Könige Ottokar. "Dabei kam mein Vater aus Ostpreußen."

Herr Winter - oder vielmehr der kleine Ottokar - wurde in Hilden geboren, wo er bis kurz vor der Jahrtausendwende bei seinem Lehrmeister vom Elektrohaus Gies (Alter Markt) arbeitete. In Hilden ging Ottokar auch zur Schule, etwa zu der Zeit, als Heinz Erhardt sang: "Ich heiße Agamemnon, / Aaaaa-gamemnon. / Dieser Name ist nicht schön, / Sie werden es versteh'n, / ich möcht' ins Wasser gehn." So schlimm war's bei Ottokar nicht. "Natürlich gab es Hänseleien, aber je länger man einen Namen trägt, desto mehr gewöhnt man sich an ihn", seufzt der Mann mit dem verschmitzten Blick. Außerdem ist aus Ottokar aus Hilden ja längst Herr Winter geworden - Ottokar Winter aus Langenfeld. --- Nur mit Herrn Winterkorn, ehemals Wolfsburg, will der Elektrofachmann nichts zu tun haben: "Die Elektronik in unserem Laden ist sauber! Da wird nicht dran rumgemurkst."

(RP)
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