Langenfeld/Hilden Gericht verurteilt spielsüchtigen Betrüger

Langenfeld/Hilden · Eine Erzieherin aus Hamm und ein arbeitsloser Altenpfleger aus Hilden lernen sich im Internet kennen. Beide sind 39 Jahre alt. Er schickt ihr Bilder, sie verliebt sich. Die beiden telefonieren und schreiben über WhatsApp. Ein Treffen gibt es nicht. Dann sagt er, er brauche Geld. Zuerst, erzählt er, soll es für die Ex-Freundin sein, die Stress macht. Dann sagt er, die Russen-Mafia sei hinter ihm her, sein Leben sei in Gefahr. Die Erzieherin organisiert Geld - viel Geld - und zahlt ihm zwischen April und Dezember 2013 mehr als 90.000 Euro. Das ist jetzt weg, die Erzieherin ist privatinsolvent.

Gestern musste sich der Hildener vor dem Langenfelder Amtsgericht verantworten. Der Vorwurf: Betrug in besonders schwerem Fall. Auch war die Frau aus Hamm nicht die einzige, die er um ihr Geld gebracht hatte. Eine andere Frau betrog er um knapp 12.000 Euro.

Der Richter war fassungslos. "Sie haben sich nie getroffen, aber geben so viel Geld. Wie kann so etwas sein?", fragte er die Erzieherin. Sie war als Zeugin aus Hamm angereist, redete ruhig und gefasst. "Ich kann es mir heute auch nicht mehr erklären", sagt sie.

Ja, sie habe auf eine Beziehung gehofft und sei davon ausgegangen, sein Leben sei wirklich in Gefahr gewesen. Auch habe sie ihm geglaubt, als der Hildener sagte, er würde das Geld zurückzahlen. Doch die Lebensversicherung, aus der das Geld kommen sollte, existierte nicht. Als die Versicherungsgesellschaft der Erzieherin das mitteilte, erstattete sie Anzeige.

Was die Erzieherin damals nicht über den Hildener wusste: Er ist spielsüchtig und hat ihr Geld verzockt - ihr Erspartes und auch Geld, für das sie ihre Eltern anpumpte und vier Kredite aufnahm. Während der Verhandlung schaut sie zum Angeklagten herüber. Der sitzt da in Jeans und Kapuzenpulli, kurze graue Haare, deutlich übergewichtig. "Auf den Fotos war ein anderer", sagt sie dann. Warum es kein Treffen gegeben habe, fragt der Richter. Die Erzieherin sagt, sie dachte, das sei wegen der Russen-Mafia zu gefährlich gewesen, für beide. Das Geld überwies sie deshalb zum Teil auch auf das Konto eines Mittlers und übergab es auch mal an einen Taxifahrer, der es für den Hildener abholte. Noch bevor die Erzieherin als Zeugin aussagte, hatte der Hildener alles gestanden, insgesamt ging es um Betrug in 28 Fällen.

Das Geständnis und seine Spielsucht waren Gründe, die die Strafe gering ausfallen ließen: zwei Jahre Freiheitsstrafe zur Bewährung (drei Jahre). Dazu muss der Hildener den Betrogenen jeden Monat etwas zahlen: solange er Hartz IV bekommt, je 50 Euro im Monat, wenn er einen Job hat, 100 Euro. Um den Druck bei der Jobsuche zu erhöhen, ordnete der Richter gemeinnützige Arbeit an: 20 Stunden pro Woche.

(RP)
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