Weihnachten Spüren Flüchtlingskinder machen große Augen

Langenfeld · Zu "Weihnachten international" im Gemeindezentrum kamen mehr als doppelt so viele neue Nachbarn wie erwartet.

 Diese Kinder und ihre Mutter freuen sich über ein Zuckerbäckerhäuschen. Insgesamt kamen 250 Flüchtlinge ins evangelische Gemeindezentrum an der Stettiner Straße und begegneten dort den für sie zum Teil fremden Weihnachtsbräuchen.

Diese Kinder und ihre Mutter freuen sich über ein Zuckerbäckerhäuschen. Insgesamt kamen 250 Flüchtlinge ins evangelische Gemeindezentrum an der Stettiner Straße und begegneten dort den für sie zum Teil fremden Weihnachtsbräuchen.

Foto: RALPH MATZERATH

LANGENFELD "Weihnachten International" im Gemeindezentrum an der Stettiner Straße - da blieb Pfarrer Hartmut Boecker vorab eher zurückhaltend mit Prognosen zur Besucherzahl. "Es könnten sich schließlich auch nur 20 Menschen dafür interessieren. Das wissen wir nicht." Also wurde für gut 100 Personen im großen Saal gedeckt. Doch dann kam alles ganz anders. Der Besucherstrom nahm kein Ende. Rund 250 neue Nachbarn - Frauen, Männer und Kinder - folgten der Einladung zu einer gemeinsamen Weihnachtsfeier. Im Gemeindezentrum wurden alle Zwischenwände geöffnet. Viele Dutzend Tisch und eine große Anzahl Stühle wurden herbeigeschafft.

Es rumpelte, und manch einer setzte sich auf seinen Stuhl - um ihn schlicht zu verteidigen. Doch nach einer knappen Stunde hatte auch der letzte einen Sitzplatz gefunden. 15 Grundschulkinder der Fröbelschule sangen von der Weihnachtsbäckerei. Manch einer summte mit. Zweiter Programmpunkt war ein Auftritt des Flötenkreises, für den der Hausherr um ein wenig Ruhe bat. Denn an allen Tischen wurde in allen Sprachen und notfalls mit Händen und Füßen geschwätzt.

Der kleine Apa bekam von alldem wenig mit. Still im Maxi-Cosi schlafend, ließ sich der zwei Wochen alte Junge auch durch plötzlichen Lärm nicht aus der Ruhe bringen. Noch passt der Neugeborene auf einen Unterarm. Er kam nach der mehrwöchigen Flucht seiner Eltern in Langenfeld zur Welt. Seine Mutter strahlt. Sein Vater sagt: "Was haben uns die Leute vom IS alles über Europäer und Deutsche erzählt. Hier ist alles ganz anders. Die Menschen sind sehr offen und helfen uns." Die Sprachpaten von der Flüchtlingshilfe tun alles, um der jungen Familie den Start zu erleichtern. Jetzt wäre es schön, wenn sich für die jungen Eltern eine Wohnung fände.

Pfarrerin Silke Wipperfürth zog mit ihren Tischen fürs Kinderbasteln mitten im größten Andrang mehrfach um. Dann war sie immer umlagert von mehr als einem Dutzend Mädchen und Jungen. Manche malten. Andere falteten unter Anleitung der Seelsorgerin Origami-Kraniche - in Japan ist das ein Symbol für den Frieden. Wenn nach vielem Falten und Knicken ein kleiner Papiervogel entstanden war, liefen die Kinder zu ihren Eltern, um stolz ihre Bastelei zu zeigen.

Weihnachten international in einem evangelischen Gemeindezentrum? Dieses Mal war das Programm noch sehr abendländisch und nur die Gäste waren international. Manch einer schaute mit leeren Augen in den Saal - und versuchte zu begreifen, warum er da war. Schließlich ist den meisten der Flüchtlinge der christliche Brauch, Weihnachten zu feiern, fremd. Vielen bedankten sich mehrfach für den schönen Nachmittag. Einige - wie das junge Paar mit dem zwei Wochen alten Sohn - strahlten regelrecht. Mehr als 60 Freiwillige halfen in der Küche und im Saal, damit es den Gästen an nichts fehlte.

Wahrscheinlich haben alle diesen Nachmittag sehr, sehr unterschiedlich wahrgenommen. Eine wirkliche Integration würde ein gemischtes Programm erfordern, in dem jeder dem anderen ein Stück von seinen Bräuchen zeigt. Dazu war es jetzt noch zu früh. Aber ein Anfang ist gemacht.

(dne)
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