Christine Erm Eine würdevolle Begleitung bis in den Tod

Langenfeld · Die Hospizbewegung St. Martin macht anlässlich des Welthospiztages auf die Palliativversorgung aufmerksam.

Langenfeld Die Themen Tod und Sterben blenden viele Menschen aus ihrem Leben aus. Am 8. Oktober machen Mitarbeiter der Hospizbewegung auf der ganzen Welt auf die Hospiz- und Palliativversorgung aufmerksam. Das Motto in diesem Jahr lautet "Stärken. Ausbauen. Vernetzen".

Wie reagieren die Menschen auf das Thema Hospizarbeit?

Erm Das ist immer noch sehr unterschiedlich. Viele setzen sich erst mit uns in Verbindung, wenn aktuell Hilfe nötig ist und sie eine Beratung brauchen. Dann gibt es diejenigen, die zum Beispiel einen großen Bogen um unsere Infostände schlagen. In den Schulen ist die Erfahrung sehr unterschiedlich, besonders unterstützend sind Gespräche, die anlässlich eines Todesfalls geführt werden, sei es im Kollegium oder auch in den Klassenverbänden.

Sie versuchen also auch bei jungen Menschen ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen?

Erm Außer einer Unterrichtseinheit zum Thema Hospiz bieten wir seit einigen Jahren auch Praktika für Schüler an, und tatsächlich sind viele der jungen Leute beeindruckt von unserer Arbeit, und sie wundern sich darüber, dass sogar Freude und Lachen zum Ende des Lebens dazugehören.

Wie gut ist der Kreis Mettmann in der Hospiz- und Palliativversorgung aufgestellt?

Erm Die Hospiz- und Palliativversorgung im Kreis Mettmann ist gut aufgestellt. Sicher sind manchmal die stationären Hospize im Umkreis alle belegt und es gibt keine freien Betten, aber wir finden dann in der Regel Zwischenlösungen. Im ambulanten Bereich gibt es bereits mehrere Hospizvereine, die so wie wir, in Zusammenarbeit mit den Pflegestationen und SAPV Mettmann eine häusliche Begleitung der Schwerkranken und ihrer Angehörigen möglich machen. Der nächste Kinderhospizverein befindet sich in Neuss, und in Düsseldorf bietet das stationäre Kinderhospiz Regenbogenland Familien Unterstützung.

Wie helfen Sie Familien mit Ihrem Verein?

Erm Wir helfen Menschen mit lebensverkürzenden Erkrankungen, und nicht nur in den letzten Lebenstagen, sondern auch über mehrere Monate, um Vertrauen aufzubauen und den Angehörigen die Möglichkeit zu geben, eigene Termine wahrzunehmen oder sich einfach für ein paar Stunden am Tag einen Freiraum zu nehmen. Das ist oft nicht bekannt, denn in der Öffentlichkeit herrscht manchmal noch die Meinung, dass wir für die letzten Tage vor dem Versterben zum "Händchenhalten" kommen. Für Erwachsene bieten unsere ausgebildeten Trauerbegleiterinnen Gruppen- und Einzelgespräche an, für Kinder verweisen wir auf spezielle Ansprechstellen für trauernde Kinder und Jugendliche. Für eine umfassendere Versorgung vermitteln wir zusätzliche Dienste, die dann aber kostenpflichtig sind, wie zum Beispiel Nachtwachen oder Haushaltshilfen. Da kommt dann das Ehrenamt auch an seine Grenzen.

Inwiefern kümmern Sie sich auch um die Angehörigen und Kinder?

Erm In unseren ambulanten Begleitungen nehmen wir uns natürlich auch Zeit für die Angehörigen. In einem speziellen Fall hat sich eine Ehrenamtliche um die kleinen Kinder gekümmert, so dass die Ehefrau mehr Zeit mit ihrem sterbenden Mann verbringen konnte. Wir machen den Angehörigen auch Mut, mit den Kindern offen darüber zu sprechen, denn sie kommen so mit der Situation oft besser zurecht, als wenn hinter ihrem Rücken geflüstert wird. Denn auch sie müssen begreifen können, dass es ein Abschied für immer geben wird, und das ist nur möglich, wenn man sie liebevoll mit einbezieht und sie natürlich mit ihren Fragen nicht alleine lässt. Dafür empfiehlt die Hospizbewegung auch Literatur, die für Kinder verschiedenen Alters geeignet ist.

Was passiert in einem Hospiz?

Erm Ein stationäres Hospiz macht vielen zunächst einmal Angst und vermittelt ein Gefühl des Unbehagens, weil dort der letzte Lebenszeitraum verbracht wird. Die behutsame, liebevolle Art der Mitarbeiter und die mit Sorgfalt ausgewählte Einrichtung lassen viele Befürchtungen und Ängste bald in den Hintergrund treten. Und anders als im Krankenhaus, hat das Personal mehr Zeit für die Gäste und deren Gesprächsbedarf. Angehörige können in Einzelzimmern auch nachts dort bleiben, wenn sie möchten.

Wer kann sich an Sie wenden?

Erm Jeder kann sich an uns wenden. Bei uns darf geweint werden, wir hören zu und suchen gemeinsam nach Lösungen. All das geschieht in geschütztem Raum, denn alle Haupt - und Ehrenamtlichen stehen unter Schweigepflicht. Die Begleitungen und Beratungen sind kostenlos, Spenden nehmen wir natürlich gerne entgegen.

Sie arbeiten seit 20 Jahren für die Hospizbewegung. Wie schaffen Sie das emotional?

Erm Durch den persönlichen Kontakt zu der Gründerin der Hospizbewegung Schwester Mediatrix Nies hat es sich so ergeben. Mir wurde die Hospizbewegung in meinen 20 Dienstjahren ein lieb gewordener Arbeitsplatz. Und nicht zuletzt motiviert mich das positive Gefühl, in einem schwierigen und oft belasteten Lebensabschnitt der Menschen etwas bewirken zu können.

(RP)
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