Langenfeld Diskussion: Wenn Gott uns verschwindet

Düsseldorf · Die geplante, schließlich abgesagte ökumenische Andacht im Monheimer Ratssaal zu Beginn der Legislaturperiode spiegelte im vergangenen Herbst eine kontroverse Debatte wider, die auch jenseits der Gänselieselstadt immer weitere Kreise zieht. Neutrale "Jahresend"-Beleuchtung in Krefeld, abgehängte Kruzifixe in Düsseldorfer Gerichtssälen, Kinder, die manchmal nicht mehr wissen, dass Ostern mit mehr zu tun hat als mit bunten Eiern: All das kennzeichnet gesellschaftliche Entwicklungen, die die interkonfessionelle Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Langenfeld (ACK) jetzt zu einer großen Podiumsdiskussion im Flügelsaal des Kulturzentrums inspirierten. "Wenn Gott uns verschwindet" – so lautet das Thema, zu dem die ACK bewusst auch Nicht-Theologen aufs Podium geladen hat. "Wir wollen unter anderem darüber reden, ob die allgemein akzeptierte und immer stärker um sich greifende Entkirchlichung nicht doch ein, zwei Generationen später in eine weitreichende Entchristlichung mündet", sagt Stephan Noesser, Pastor der freien evangelischen Gemeinde und Vorstandsmitglied bei der ACK.

Glaubwürdigkeitskrise

Zusätzliche Brisanz gewinnt das Thema durch die aktuellen Zuspitzungen in den beiden großen Kirchen. Der Bogen der Glaubwürdigkeitskrise reicht hier vom schmerzhaften, einem persönlichen Fehler geschuldeten Rücktritt der ranghöchsten deutschen Protestantin nur wenige Monate nach ihrem Amtsantritt bis hin zum unvergleichlich schwerer wiegenden Missbrauchs-Desaster der katholischen Kirche, das eines der höchsten Güter der Kirche, ihre Glaubwürdigkeit, massiv zu erschüttern droht.

"Kirchen und Glaubenssysteme haben an Überzeugungskraft verloren. Gleichzeitig suchen Menschen nach tragfähigen Antworten", beschreibt der Theologe, Wirtschaftsmediator und Buchautor Wolfgang Vorländer einen klassischen Widerspruch unserer Zeit. Mit einem Perspektivvortrag wird der Pfarrer die Podiumsdiskussion morgen Abend um 19.30 Uhr eröffnen. Eine seiner – durchaus provokanten – Kernthesen: Persönlichkeitsbildung und menschliche Reifung bedürfen nicht notwendig einer christlich-theistischen Grundlage. "Andererseits kann Glaube nur schlecht gedeihen ohne den Reichtum der biblischen Erzähltradition sowie einer Kultur von sinnstiftenden Symbolen und Lebensrhythmen, die wiederum ohne den Erfahrungsraum Kirche oder Gemeinde kaum zugänglich sind."

Vor einer Publikumsrunde diskutieren zunächst die Gäste auf dem Podium. Dazu zählen: Anne Becker, Berufschulpfarrerin (Monheim); Dr. Christian Benz, Psychiater/Psychotherapeut (Wuppertal); Marion Glagau, Geschäftsführerin Orthomol (Langenfeld) sowie Dr. Franz-Josef Placke, Mitglied des Executive Committee und Leiter Entwicklung bei Bayer Crop Science (Haan).

Info Morgen, 17. März, 19.30 Uhr, Flügelsaal des Kulturzentrums (neben der Stadthalle), Hauptstraße 131. Moderation: RP-Redakteur Jörg Janßen.

(RP)
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