Langenfeld Diakon freut sich auf Leipzig

Langenfeld · Bernd Waskowski aus Berghausen, der bis Sonntag auf dem Katholikentag dabei ist, hat als Christ dem Druck der SED-Diktatur widerstanden.

 Bernd Waskowski studiert auf einer der Kirchenbänke von St. Josef das Leipziger Katholikentagsprogramm. Zur Auswahl stehen neben Gottesdiensten und Glaubensgesprächen unter anderem Konzerte, Vorträge und Klimaschutz-Werkstätten.

Bernd Waskowski studiert auf einer der Kirchenbänke von St. Josef das Leipziger Katholikentagsprogramm. Zur Auswahl stehen neben Gottesdiensten und Glaubensgesprächen unter anderem Konzerte, Vorträge und Klimaschutz-Werkstätten.

Foto: Ralph Matzerath

Ein halbes Jahr hat Bernd Waskowski in Leipzig Elektrotechnik studiert. Dann war er den Druck des SED-Regimes leid, verdingte sich lieber als Handlanger in einem Reifenwerk, als sich "der Partei" zu beugen. Mitte der 70er Jahre war das. "Die Pleiße war durch das Chemiekombinat Leuna vergiftet, die Stadt stank nach Braunkohle, viele Vorkriegsläden waren mit Bretterzäunen vernagelt", erinnert sich der 61-Jährige. Dass Leipzig, wo an diesem Mittwoch der 100. Deutsche Katholikentag beginnt, heute boomt und blüht wie kaum eine zweite Großstadt in Deutschland, ist auch Waskowski, seit dreieinhalb katholischer Diakon in Langenfeld, zu verdanken. Denn der in Oranienburg bei Berlin Aufgewachsene gehörte zur christlichen Opposition, der Hefe des Widerstands, die zur friedlichen Revolution in der DDR, zum Sturz der Kommunisten im Herbst 1989 und schließlich zur Wiedervereinigung beitrug.

"Ich würde noch nicht mal von einem Netzwerk sprechen. Es war mehr Mund-zu-Mund-Propaganda, mit der wir das Regime herausforderten, indem wir auf Missstände in der DDR hinwiesen", sagt Waskowski. Hinwiesen etwa auf die gesundheitsgefährdende Kunstseide-Produktion in Pirna südöstlich von Dresden, wo der Mess- und Regeltechniker mit seiner Familie in den 80er Jahren lebte: "Frauen, die in dem Werk arbeiteten, durften wegen möglicher Schäden fürs Ungeborene nicht schwanger werden."

Neben dem Umweltschutz war Waskowskis Thema besonders die Glaubensfreiheit. So pflegte er mit seinem Ehekreis in Pirna Kontakte zum Referat Ehe und Familie des Erzbistums Köln. In einem Staat, dessen offene Verachtung der Religion 1968 in der Sprengung der Leipziger Universitätskirche gipfelte, einem im Krieg fast unbeschädigten Bauwerk aus dem 13. Jahrhundert, in einem solchen Staat war das tätige Bekenntnis zu Christus kein Zuckerschlecken.

"Zweimal war ich zur ,genauen Befragung' bei der Stasi vorgeladen", erzählt der Diakon. Dabei griff der Unterdrückungsapparat auf perfide Einschüchterungsmetoden zurück: "Sie drohten mit Ausweisung - ohne die Kinder, denen das kapitalistische Ausland natürlich keinesfalls zugemutet werden könne."

1985, nachdem die SED-Obrigkeit der Familie die freie Schulwahl für die einzige katholische Grundschule in Pirna verwehren wollte, reichte es ihr: "Wir stellten einen Ausreiseantrag." Vier Jahre später, im September 1989, zwei Monate vor dem Fall der Mauer, reisten die vier - das dritte Kind wurde 1992 geboren - in den Westen aus.

Dass Bernd Waskowski einmal katholischer Diakon werden würde, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Er wurde evangelisch getauft. Weil seine alleinerziehende Mutter Schichtarbeiterin bei der Bahn war, wurde der kleine Bernd hauptsächlich von einem befreundeten Ehepaar betreut. "Mein Pflegevater war als Friedhofsverwalter in Oranienburg für Menschen beider Konfessionen zuständig", meint Waskowski verschmitzt: "Vielleicht erklärt das meinen Sinn für die Ökumene."

Mit 24 heiratete er, mit 26 wurde er wie seine Frau Barbara Katholik. 1997 folgte die Diakonenweihe. Nach Stationen in Düsseldorf und Essen-Kettwig ist Waskowski seit Oktober 2012 in der Langenfelder Gemeinde St. Josef und Martin tätig. Den Katholikentag in Leipzig besucht der Seelsorger mit acht Ehepaaren von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und der Kolpingsfamilie. Worauf er sich besonders freut? "Auf das Wiedersehen mit dem Ehekreis aus Pirna und auf viele intensive Gespräche mit anderen Gläubigen." Nicht nur mit Christen, sondern darüber hinaus: "Es gibt unterschiedliche Wege zu Gott - das sollten wir respektieren."

(gut)
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