Langenfeld Bauverein setzt Kurs ohne Schneider fort

Langenfeld · Langenfelds größter Wohnungsvermieter hält an seiner "geradlinigen Geschäftsführung" fest - der Kritik des Bürgermeisters zum Trotz. Schneiders Nachfolger als Aufsichtsratschef sagt: Wir modernisieren konsequent weiter.

 Schöner Wohnen, dieses Versprechen macht der Bauverein seinen Mitgliedern. Aufsichtsratschef Gassen (l.), Geschäftsführer Dedeck (m.) und der technische Leiter Lück besichtigen eine der neuen Dachgeschosswohnungen.

Schöner Wohnen, dieses Versprechen macht der Bauverein seinen Mitgliedern. Aufsichtsratschef Gassen (l.), Geschäftsführer Dedeck (m.) und der technische Leiter Lück besichtigen eine der neuen Dachgeschosswohnungen.

Foto: Ralph Matzerath

Die Vergangenheit lässt sich im ersten Stock besichtigen. Noch. Die Badkacheln in blassem 60er-Jahre-Gelb, das Klo dicht an der Badewanne. Die Wohnung wird wie das ganze Haus Richrather Straße 78/78 a modernisiert. Eine Etage höher und im Obergeschoss, dem früheren Dachboden fürs Wäschetrocknen, präsentiert Bauvereins-Chef Hubertus Dedeck (64) stolz, was die Handwerker aus dem dreieinhalbstöckigen Nachkriegsbau machen: 22 statt zuvor 18 Zwei- und Drei-Raum-Wohnungen, großzügiger Balkon, barrierefreie Regenschauer-Dusche, energiesparende Lüftungsanlage, teils Eichenholzparkett, kreisrunde Tagesoberlichter und FTTD. "Das bedeutet ,Fibre to the desk'", erklärt Dedecks technischer Leiter, Christopher Lück (47): "Glasfaserleitungen bis zum Schreibtisch - mit einer Datenübertragungskapazität von bis zu zwei Terabyte pro Sekunde."

So etwas hat seinen Preis. 10 Mio. Euro habe der Bauverein (BVL) in zehn Jahren investiert, sagt der neue Aufsichtsratschef Rolf Gassen. Dedeck korrigiert: "10 Mio. in fünf Jahren". Aber auch die Mieter einer solchen Wohnung müssen Abschied nehmen von alten BVL-Mieten. Monatlich 7,50 Euro kalt, schätzt Dedeck, werden die Dachwohnungen pro Quadratmeter kosten. "Das ist mehr als bei älteren. Aber von einer Gentrifizierung, 10 Euro plus, sind wir weit entfernt."

Wer sich den neuen Standard nicht leisten kann, dem bietet der Bauverein laut Dedeck preiswerteren Ersatz in einem der insgesamt 172 BVL-Häuser an. "So ist ein älteres Ehepaar aus diesem Haus umgezogen - ein paar Häuser weiter in Richtung Stadtmitte." Dennoch, das räumen Dedeck und Gassen ein, gibt es in einer Genossenschaft mit mehr als 2000 Mitgliedern in 942 Wohnungen auch Konflikte - ob bei Schimmelbefall und der Frage, wer ihn verursacht hat, oder mit Interessenten, die sich vom Bauverein eine Sozialwohnung wünschen. Dedeck verweist auf den "bewährten Mieterservice" (Online/Persönlich), betont aber auch: "Vorstand und Aufsichtsrat haben sich vor Jahren auf eine ,geradlinige Geschäftsführung' verständigt. Und dazu gehört es, dass man auch mal nein sagt." Das schon, aber nicht "in einem Ton, der den Menschen Angst macht", begründete hingegen Bürgermeister Frank Schneider vorige Woche seinen Rückzug aus dem BVL-Aufsichtsrat. Ein Paukenschlag, denn seit Gründung des Bauvereins vor fast 97 Jahren hatte den Aufsichtsratsvorsitz fast immer der jeweilige Chef im Rathaus inne. Schneider zog mit dem Rücktritt im August die Konsequenz aus der Verlängerung von Dedecks Vertrag bis 2018. Warum sie wie die übrigen sieben Aufsichtsratsmitglieder an Dedeck festhalte, erklärt Monika Ahrend: "Wir sind vor allem auch dank Hubertus Dedeck führend bei der Nutzung von Biomasse als Heizenenergie", sagt die Ehrenamtlerin mit Blick auf das Holzschnitzelkraftwerk, das seit 2012 rund 700 Wohnungen versorgt. Eine empfindliche Einbuße für die Stadtwerke, die diese Wohnungen zuvor mit Gas versorgten. Schneiders Vorwurf, Dedeck sei unwillig, mit den Stadtwerken "als Dienstleister" zu kooperieren, kontert dieser kaufmännisch-kühl: "Als wir uns für das Biokraftwerk umgesehen haben, gab es etwas Vergleichbares nur in Süddeutschland. Wer hätte unser Partner sein sollen? Außerdem sei die durch Holzschnitzel-Energie nicht nur CO2-neutral - sondern im Vergleich zu Gas auch viel günstiger."

(gut)
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