Langenfeld Ältester Schuhmacher der Stadt ist 82

Langenfeld · Günter Zündorf ist Schuhmachermeister - zweieinhalb Tage in der Woche arbeitet er in der Werkstatt - aus Spaß.

 Günter Zündorf hat sein Handwerk vor 69 Jahren von der Pike auf gelernt. Und das macht ihm auch im Alter von 82 Jahren immer noch großen Spaß.

Günter Zündorf hat sein Handwerk vor 69 Jahren von der Pike auf gelernt. Und das macht ihm auch im Alter von 82 Jahren immer noch großen Spaß.

Foto: Ralph Matzerath

Die meisten Menschen sind ersetzbar. Günter Zündorf nicht. Die Handwerkskunst des 82-jährgen Schuhmachermeisters grenzt an Zauberei - und ist doch keine, "sondern nur ein von der Pike auf vor 69 Jahren erlernter Beruf", sagt er selbst. Und den übt der Langenfelder auch im hohen Alter noch mit größtem Ehrgeiz und Kompetenz aus, ohne dass ein Ende abzusehen ist.

In seiner Souterrain-Werkstatt an der Karlstraße vollbringt Zündorf kleine Wunder. Selbst die "älteste Galosche" sieht nach einer Spezialbehandlung aus wie neu. 30 Maschinen und Apparate stehen ihm zur Verfügung: zum Weiten, Längen, Schleifen, Polieren, Färben, Pressen, Nähen und Nibbeln. Einige stammen noch aus dem Betrieb seines Vaters, der ebenfalls Schuhmachermeister war und an der Hauptstraße sein Geschäft hatte. So gut wie nie schickt Zündorf einen Kunden weg. "Aus jedem Schuh lässt sich noch was machen", sagt er, "man muss nur wissen, wie es geht." Je reparaturbedürftiger Stiefel oder Pumps sind, desto größer ist sein Ehrgeiz, sie hinzukriegen.

Die meisten seiner Maschinen in der penibel aufgeräumten kleinen Werkstatt haben bereits ein halbes Jahrhundert und mehr auf dem Buckel, sind aber in bestem Zustand - sowie der Meister selbst. Eine schwere Krankheit hat der kleine agile Mann mit eisernem Willen überwunden. Übrigens das einzige Mal, dass er in seinem 69-jährigen Berufsleben krankheitsbedingt aussetzen musste. "Der Zuspruch und die Treue meiner Kunden haben zur Genesung beigetragen", sagt er heute.

Zweieinhalb Tage in der Woche arbeitet er noch regelmäßig, baut Sohlen auf, färbt und weitet Schuhe, ersetzt Pfennig- und Blockabsätze, flickt Löcher, erneuert Innenfutter und Applikationen, bringt Fußbetten in Form. "Ich bin ein halber Arzt", erklärt er selbstbewusst und zeigt über 60 Jahre alte anatomische Zeichnungen vom Muskelaufbau der Füße und Beine, die er während seiner Lehre anfertigen musste.

Zündorf ist ein genauer Handwerker, ein Tüftler und Bastler, einer, der offenbar nicht nur für jedes Schuhproblem eine Lösung hat. Davon kann auch seine Frau Ingelore (78) ein Liedchen singen. "Er hat die Baupläne für unser Haus komplett selbst ausgearbeitet", sagt sie. "Denn eigentlich wollte ich Architekt werden", ergänzt Zündorf.

Zum Hobbyarchitekten hat er es immerhin gebracht, denn das Haus an der Karlstraße ist solide und steht noch. Was für ihn selbst gilt, gilt offenbar auch für seine Umwelt. "Das geht nicht", gibt es für ihn nicht. Und so stand denn auch seine Frau beim Hausbau selbst mit an der Mischmaschine. Weil ihr Mann es so wollte. Für Ingelore Zündorf kein Problem. Auch in der Schuhwerkstatt ihres Mannes hat sie in früheren Jahren an der Pressmaschine geholfen. "Das hat er mir alles beigebracht", sagt sie ein bisschen bewundernd.

Wer seine Schuhe zur Reparatur dem 82-Jährigen anvertraut, kann sicher sein: Die neue Sohle hält mindestens ein halbes, wenn nicht ein ganzes Jahr. Viele seiner Kunden kommen seit Jahrzehnten zu ihm, wie die Langenfelderin Ilse Weingarten. "Ich denke schon mit Schrecken an den Moment, an dem er aufhört", sagt sie.

Wer sich ein Bild davon machen will, wie eine hochwertige Schuhreparatur funktioniert, sollte den Meister nach einem kleinen Film fragen, den Freunde vom Filmclub über seine Arbeit gedreht haben. Denn neben der Arbeit hat der alte Herr auch noch Hobbys: filmen und Unterhaltungsmusik machen am Keyboard. Das alles geht ihm flott von der Hand. Denn Langsamkeit ist nicht sein Ding.

(RP)
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