Erkelenz Widersprüchlicher Ausbildungsmarkt

Erkelenz · Bilanz des vergangenen Ausbildungsjahres: Mehr Bewerber als im Vorjahr und Anstieg der angebotenen Stellen. Dennoch blieben mehr Bewerber als im Vorjahr unversorgt. Handwerk und IHK sind insgesamt jedoch zufrieden.

 Ailina Haller (li.), Auszubildende bei Stüber & Stüber Friseure in Aachen (hier mit Jil Stüber), berichtete über Erfahrungen mit ihrem EQ-Praktikum.

Ailina Haller (li.), Auszubildende bei Stüber & Stüber Friseure in Aachen (hier mit Jil Stüber), berichtete über Erfahrungen mit ihrem EQ-Praktikum.

Foto: aha

Eine vielschichtige Bilanz des Ausbildungsmarktes im vergangenen Ausbildungsjahr (1. Oktober 2016 bis 30. September 2017) zogen die Sprecher der Agentur für Arbeit, der Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen gestern bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Aachen. Die Zahl der Ausbildungsstellen stieg um erfreuliche 6,8 Prozent oder 451 auf insgesamt 7.109. 8.305 Jugendliche wurden im Agenturbezirk Aachen bei der Stellensuche unterstützt, 130 mehr als im Vorjahr.

Das Jahresergebnis zeige, dass die Situation auf dem Ausbildungsmarkt aber auch in diesem Jahr insgesamt nicht ausgeglichen ist. Agenturleiter Ulrich Käser sprach von "Schieflage". Bis zum Ende des Beratungsjahres am 30. September konnten nicht alle Bewerber einen Ausbildungsplatz finden, gleichzeitig blieben noch in keinem Jahr so viele Ausbildungsplätze insgesamt unbesetzt: Von den im Jahresverlauf gemeldeten Ausbildungsstellen wurden 630 nicht besetzt. Die Zahlen bewegen sich damit deutlich über dem Vorjahresniveau (566 unbesetzte Ausbildungsstellen, 371 unversorgte Bewerber). Aktuell jedoch, so Käser, habe sich das Ganze etwas entspannt: Derzeit seien "nur noch" 230 Bewerber unversorgt. Es mache also Sinn, sich auch nach Ende des Beratungsjahres weiter zu bewerben und Kontakt zur Arbeitsagentur zu suchen.

Bezogen auf den gesamten Arbeitsamtsbezirk kamen auf einen Bewerber durchschnittlich 0,86 Ausbildungsstellen, eine ganz leichte Verbesserung zum Vorjahr (0,81). Der Kreis Heinsberg liegt mit 0,71 Stellen pro Bewerber zwar unter der Städteregion Aachen (1,9), aber über Schlusslicht Kreis Düren (0,62). "Jugendliche aus dem Kreis Heinsberg sind jedoch beweglich und nutzen auch Stellenangebote in der Nachbarregion", erläuterte Pressesprecher Klaus Jeske. 1.457 Ausbildungsstellen, 67 (4,4 Prozent) weniger als im Vorjahr wurden im Kreis gemeldet, es gab 2.065 gemeldete Bewerber, unversorgt blieben (zum 30.9.) 105 junge Leute, 24 mehr als im Vorjahr. Dennoch blieben 115 Ausbildungsstellen unbesetzt, auch, weil Wünsche der Bewerber und Vorstellungen der Anbieter oft nicht zueinanderpassen.

In den steigenden Bewerberzahlen spiegelt sich auch der Zuwachs an jungen Flüchtlingen, deren Integration in den Ausbildungsmarkt aber gute Fortschritte mache. Immerhin rund ein Drittel der Bewerber aus dieser Gruppe (25 im Kreis Heinsberg) konnte schon vermittelt werden. Nicht nur für junge Flüchtlinge bieten die Unterstützungsangebote der Arbeitsagentur wie die ausbildungsbegleitenden Hilfen oder ein der Ausbildung vorgelagertes mehrmonatiges Praktikum ("Einstiegs-Qualifizierung"/EQ) Ausbildungsperspektiven.

Dem Vorurteil, dass ohne Abitur und Studium bald nichts mehr geht, widersprach Georg Stoffels, Geschäftsführer der Handwerkskammer: "80 Prozent der Azubis im Handwerk der Region haben einen Hauptschulabschluss." Insgesamt 2.185 neue Lehrverträge (498 im Kreis Heinsberg) wurden abgeschlossen, 69 mehr als im Vorjahr. Und auch IHK-Geschäftsführerin Heile Krier hob das mit 4.579 Ausbildungsverträgen hohe Engagement der Betriebe hervor. "Wir freuen uns über ein Eintragungsplus bei den gewerblichen Berufen, weil in diesem Bereich zuletzt oft Plätze unbesetzt geblieben sind." Die duale Ausbildung als Alternative zum Studium biete zudem Abiturienten attraktive Job-Perspektiven. Und sie betonte, dass es auch jetzt noch Lehrstellenangebote gebe.

(RP)
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