Motorsport Siege bei Klassikern - dafür arbeitet der Wegberger

Erkelenz · Kenneth Heyer ist dabei, in die großen Fußstapfen seines Vaters Hans Heyer zu treten und diese auszufüllen - sportlich und im Betonwerk.

WEGBERG In die sportlichen Fußstapfen des Vaters zu treten, ist sicherlich nicht immer sehr leicht, vor allen Dingen, wenn diese riesig sind. Und wirft der "alte Herr" dann auch noch beruflich einen großen Schatten, dann braucht der Junior Stärke und Ausdauer. Diesen "Doppelpack" hatte der Wegberger Rennfahrer Kenneth Heyer (35) vor der Brust, hat ihn gemeistert. Vater Hans Heyer (72) war sein sportliches Vorbild: ein Formel-1-Rennen, zwölf Mal in Le Mans am Start, Sieger der 12 Stunden von Sebring/USA, dreimal Deutscher Rennsportmeister, insgesamt 1000 Rennen. Vater Hans hat seinem Sohn wohl Rennfahrerblut vererbt. Aber auch den Einstieg in die Geschäftsführung der Firmengruppe Matthias Heyer Straßenbaustoffe.

Dritter Gesamtsieg in Folge bei den 24 Stunden im belgischen Zolder am letzten August-Wochenende, nur acht Tage später der starke zweite Platz bei den 24 Stunden von Barcelona. Sie kommen wohl aus dem Feiern nicht heraus, oder bleibt es wirklich nur bei der Sektdusche auf dem Siegerpodest?

Heyer Also 2013 haben wir das ja sogar getoppt, als wir beide Rennen hintereinander gewonnen haben. Am Anfang, als ich die ersten Siege oder Podestplätze bei wirklich bedeutenden Rennen geholt habe, konnte ich direkt nach dem Zieleinlauf gar nicht verstehen, was da passiert war. Heute sauge ich diese Momente unmittelbar auf und versuche sie, so intensiv wie nur möglich, zu genießen. Ich gehe ja bekanntlich auch etwas mehr ab auf dem Podium als der eine oder andere Kollege. Ich meine, wofür machen wir das sonst alles.

In Zolder am Steuer eines Porsche 991, auf dem Circuit de Catalunya die über 550 PS eines Mercedes Benz SLS AMG GT3 unter dem Hintern. Ist das nicht eine enorme Umstellung - bezogen auf die Technik, aber auch bei stets wechselnden Partnern?

Heyer Ich fahre schon seit 2010 bis auf eine Ausnahme im Jahr nur Mercedes und für die AMG Customer Sports Familie. Ich bin also sehr eingeschossen auf diese Marke und all das, was beim Fahren und Drumherum damit zu tun hat. Der Porsche verlangt aber einen ganz anderen Fahrstil und es dauert wirklich ein bisschen, bis dann die Pace auf dem Niveau der anderen Porschekollegen ist.

Wie halten Sie sich fit, physisch und mental?

Heyer Mental ist nicht so schwierig, ich bin mittlerweile 35 Jahre alt, habe im Sport schon viel erlebt und bin dadurch in Stresssituationen wesentlich abgeklärter. Dazu kommt das tägliche Geschäft in unserem Familienbetrieb, das oft sehr aufreibend und stressig ist. Ich ziehe hier viele Dinge raus, die mir im Rennsport helfen. Beides ist aber mit sehr viel Leidenschaft und Spaß verbunden. Im Winter mache ich regelmäßig Sport, in der Saison lebe ich quasi zwischen Firma und den Motorsportreisen, sitze im Schnitt alle paar Tage im Rennauto. Ich bin immer noch so fahrgeil, dass ich mich nicht erinnern kann, mal zu erschöpft gewesen zu sein. Zu Hause habe ich dann meine Insel der Ruhe, schalte auf Knopfdruck ab.

An den Rennstrecken bei Ihren Starts sieht man im Boxenbereich immer wieder den wohl berühmtesten Tirolerhut der Szene, getragen von Ihrem Vater Hans, einem der bekanntesten Rennfahrer Deutschlands. Wie wichtig ist Ihnen das familiäre Umfeld, grundsätzlich und auch beim Sport?

Heyer Familie steht beinahe über allem. Das ist natürlich bei jedem Menschen anders zu bewerten. Bei uns ist es aber nicht nur Vater-Sohn, sondern eine echte Freundschaft die uns verbindet. Ich kann mich sehr glücklich schätzen, im Familienbetrieb und im Freundeskreis Menschen zu haben, die mich bedingungslos unterstützen. Eine tolle Familie und einen ebensolchen Freundeskreis zu haben, das ist ein Privileg.

Wie bringen Sie Beruf und Sport professionell in Einklang?

Heyer Das werde ich oft gefragt. Sport auf diesem Niveau ist nicht immer was für Romantiker, denn oft wird man auch enttäuscht. Aber Dinge umzusetzen und Erfolg zu haben, bedeutet 120 Prozent zu geben. Auch die Selbstständigkeit verlangt einem mehr ab, als man von außen oft glaubt. Ich selber kann fast jeden Abend in den Spiegel schauen, dann weiß ich, dass ich die 120 Prozent gegeben habe. Das ist ein Schlüssel zum Erfolg. Ich verzichte aber auch auf sehr viel, und das ganz bewusst. Da gibt es beispielsweise jedes Jahr nur zwei Wochen Urlaub. Gut, dass meine Partnerin Sarah mich unterstützt und mein Cousin Ralf Pomp mit mir den Familienbetrieb in dritter Generation Rücken an Rücken leitet.

Haben Sie noch Zeit, um Freundschaften aus der Heimat zu pflegen, oder kommen diese ausschließlich aus der Rennsportszene?

Heyer Natürlich kommt 90 Prozent meines Umfelds aus der Region Wegberg und Umland. Die Menschen, die ich aus dem Rennsport als Freunde bezeichne, sind auf dem ganzen Planeten verteilt, weshalb hier die realistischste Chance, Kontakte ordentlich zu pflegen, darin besteht, mit ihnen oder gegen sie zu fahren. Mir ist auch die Heimat sehr wichtig. Um sehr weit wegzuziehen, müsste in "good old" Germany schon sehr viel schieflaufen.

Was steht motorsportlich noch in diesem Jahr an, und was sind bei Ihnen eventuell im kommenden Jahr die wichtigsten anstehenden Stationen?

Heyer 2015 gibt es noch einige Läufe zur VLN-Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring, das Finale der Blancpain Endurance Serie, die 12 Stunden von Brünn (Tschechien), die 12 Stunden von Sepang (Malaysia) und hoffentlich auch Macau in China ganz am Ende der Saison. Also noch volle Hütte zu tun. Ich habe noch Vertrag und werde die kommenden Jahre weiter an allen hochkarätigen Langstreckenrennen dieser Erde teilnehmen. Ganz wichtig bei allen bisherigen Erfolgen wäre mir persönlich der Sieg beim 24-Stundenrennen auf dem Nürburgring. Ich war schon so oft nahe dran, Podium und etliche Top-Ten-Plätze, aber man erinnert sich nun mal nur an den Sieger, und das will ich sein. Die nächste Chance, diesen Traum zu erfüllen, die gibt es am letzten Mai-Wochenende 2016.

Und was ist mit den 24 Heures du Mans, dem Weltklassiker schlechthin?

Heyer Dass ich in Le Mans bisher nicht gefahren bin, lag zum einen daran, weil Mercedes sich dort nicht im GT-Bereich beteiligt, und zum anderen, weil ich immer dann andere Rennverpflichtungen hatte, wenn die Möglichkeit auf ein Lenkrad in einem Prototypen bestand. Dass ich Le Mans mal fahren werde, das habe ich im Hinterkopf, notfalls eben nach meiner Zeit bei Mercedes.

HANS GROOB FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(hg)
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