Kreis Heinsberg Jodtabletten schon jetzt an Bürger verteilen

Kreis Heinsberg · Landrat Pusch reagiert mit Brief ans Innenministerium auf geplante Tablettenausgabe in Belgien.

Der Kreis Heinsberg fordert zum Schutz vor radioaktiver Strahlung bei einem Atomunfall in Belgien die vorsorgliche Ausgabe von Jodtabletten an die Bevölkerung. Landrat Stephan Pusch hat NRW-Innenminister Ralf Jäger gestern in einem Brief gebeten, der Verteilung der bereits eingelagerten Tabletten zuzustimmen. Pusch reagierte damit auf die Ankündigung des belgischen Gesundheitsministeriums, alle Bürger in einem Umkreis von 100 Kilometern um ein Atomkraftwerk mit Jodtabletten zu versorgen.

Die Sorge auf deutscher Seite über die mangelnde Sicherheit der belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel nach diversen Störfällen hatte gestern neue Nahrung bekommen, was Landrat Pusch beunruhigte. Umgehend bat er in einem Schreiben an Innenminister Jäger um Zustimmung, "dem belgischen Beispiel zu folgen und die im Eigentum des Landes stehenden Jodtabletten auch an die Bürger im Kreis Heinsberg, für die eine Einnahme indiziert ist, zu verteilen". Der Kreis Heinsberg hat derzeit 440.000 dieser Tabletten zentral eingelagert. Wie Pusch gestern der RP sagte, hofft er in seinem Anliegen auf Schulterschluss mit der Städteregion Aachen, die bekanntlich eine Klage gegen den Weiterbetrieb des rund 70 Kilometer von Aachen entfernt liegenden Atomreaktors Tihange eingereicht hat, die der Kreis Heinsberg unterstützt. Städteregionsrat Helmut Etschenberg kündigte später laut der Agentur dpa ebenfalls an, sich an Innenminister Jäger wenden zu wollen. Aufgrund der Entfernung des Kreises Heinsberg zu den belgischen Reaktoren sei das Gefährdungspotenzial für die Bürger im Kreis Heinsberg und der gesamten Region mindestens genauso hoch wie in Belgien, heißt es in Puschs Schreiben. "Nach Expertenmeingungen bleiben nach einem Störfall mit atomaren Emissionen nur wenige Stunden, um durch Einnahme von Jodtabletten eine Jodsättigung der Schilddrüse herbeizuführen und der Aufnahme von radioaktivem Jod vorzubeugen." Der Kreis arbeite zwar seit längerem mit den Kommunen an einem Notfallplan für eine dezentrale Tablettenverteilung. "Wenn man die Experten aber hört", so Pusch zur RP, "erscheint es mir zunehmend als Witz, dass die Menschen, die im Ernstfall ja zu Hause bleiben sollen, sich erst noch zentral Tabletten abholen sollen. Besser, sie liegen zu Hause griffbereit." Aber Voraussetzungen und Rahmenbedingungen hierfür müssten zuvor geklärt werden.

(aha)
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