Kreis Heinsberg "Heimatvertriebene des 21. Jahrhunderts"

Kreis Heinsberg · Landrat Pusch rechnet im Kreistag mit dem Jahr ab und beschäftigt sich mit der tagebaubedingten Umsiedlung.

 Landrat Stephan Pusch erklärt, dass die Diskussion um die Braunkohle an einem Punkt angelangt sei, der für viele Bürger einen verwirrenden Verlauf nehme.

Landrat Stephan Pusch erklärt, dass die Diskussion um die Braunkohle an einem Punkt angelangt sei, der für viele Bürger einen verwirrenden Verlauf nehme.

Foto: WFG (Archiv)

Zwei Schwerpunkte setzte Landrat Stephan Pusch in seiner Rede anlässlich der letzten Sitzung des Kreistages in diesem Jahr, bei der er die letzten zwölf Monate Revue passieren ließ: die Braunkohleproblematik und die Bedeutung des Ehrenamtes.

Die Tour de France, die im Juli durch den Erkelenzer Osten führte, habe für einige Minuten den Fokus auf den Kreis Heinsberg gelenkt. Der Streckenverlauf des weltgrößten Radrennens wies unweigerlich auf eines "unserer größten Probleme" hin, auf den Braunkohlentagebau Garzweiler II. "Wir haben es mit einer gewissen Bitternis geschluckt und uns einer vermeintlichen energiepolitischen Notwendigkeit auf Basis einer demokratisch gefassten Entscheidung gebeugt" und haben Pusch zufolge hingenommen, dass Tausende von Menschen ihre Heimat im Kreis Heinsberg verlieren und ein beträchtlicher Teil der Stadt Erkelenz zugunsten der Energiegewinnung aus heimischen Bodenschätzen zunächst einmal planmäßig zerstört werde. Die Diskussion um die Braunkohle sei an einem Punkt angelangt, der für viele Bürger einen verwirrenden Verlauf nehme. Klimawandel, Kohlendioxid, Verkleinerung und der Protest, teilweise nicht auf dem Boden des Gesetzes, seien einige Stichworte in der verkomplizierten Diskussion. Den Menschen in den betroffenen Ortschaften von Erkelenz werden weder Diskussionen noch Proteste nützen. "Sie sind die Heimatvertriebenen des 21. Jahrhunderts. Und ob ein großer See als Folgenutzung des einst fruchtbarsten Gebietes, das das Rheinland zu bieten hatte, ein Trost sein wird, wage ich zu bezweifeln", sagte Pusch. Die Themen Braunkohle und Folgenutzung werden die Menschen weiter sachlich und emotional beschäftigen: "Wir sind gezwungen, aus der Situation für die Zukunft das Beste zu machen."

Zweiter Schwerpunkt in der Rede von Pusch war die Würdigung des Ehrenamtes. "Das Ehrenamt ist das Herz, ist der Puls unserer Gesellschaft", zitierte der Landrat. Ohne Ehrenamtler, zu denen auch die Kommunalpolitiker im Kreistag und in den Stadt- und Gemeinderäten zählen, würde es in vielen Bereichen schlechter aussehen: Altenpflege, Hospizdienst, Kinderbetreuung, Flüchtlingshilfe, Tafel, Kleiderkammern, Sportverein, Freiwillige Feuerwehr, Kulturförderung - ohne Ehrenamtliche könnten viele liebgewordenen, zum Teil als selbstverständlich erachteten Aufgaben gar nicht wahrgenommen werden. Deshalb sei allen Ehrenamtlern zu danken. Das Ehrenamt sei etwas Schönes und Erfüllendes, und es sei keine Frage von Alter, Geschlecht oder ethnischer Herkunft.

Außerdem sprach Pusch unter anderem die strukturelle und infrastrukturelle Verbesserung des Kreises an. "Wirtschaftlich und arbeitsmarkttechnisch steht der Kreis Heinsberg hervorragend dar." Vor allem die Infrastruktur habe enorme Verbesserungen gebracht. Die fertige B 56n habe durch ihre gute Nutzung gezeigt, wie wichtig und wertvoll sie ist. Die B 221n werde bald als Nord-Süd-Achse den Kreis Heinsberg verkehrstechnisch noch besser erschließen und zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Flankierend dazu sei die Neuordnung der Wirtschaftsförderung zu sehen, die zum einen nunmehr auch die Tourismusförderung umfasst und zum anderen personell durch die Bestellung eines neuen Geschäftsführers gestärkt worden sei. Ulrich Schirowski sei für die WFG ein Glückfall, da er Fachkompetenz und Heimatverbundenheit in gleichstarker Manier nachweise.

(kule)
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