Kreis Heinsberg Erinnerungen an das Erdbeben 1992

Kreis Heinsberg · 25 Jahre war es vor einer Woche her, dass die Erde unter dem Kreis Heinsberg so stark wie nie bebte. Leser schrieben uns ihre Erinnerungen an die Nacht zum 13. April 1992 auf.

Als die Erde anfing zu beben, stand ich gerade im Schlafzimmer und war dabei, den Koffer zu schließen, um ins Krankenhaus zu fahren. Die Wehen hatten bei mir kurz vorher eingesetzt. Ich hatte während des Bebens das Gefühl, völlig schräg zu stehen und befürchtete, dass das Haus, das wir im Jahr vorher gebaut hatten, einstürzen würde. Ich dachte zuerst an einen Baufehler.

Nach dem Beben beruhigte es mich, dass in vielen Fenstern das Licht anging und sich alle fragten, was denn da passiert war. Berichte im Radio, auf der Fahrt ins Krankenhaus, brachten dann die Gewissheit, dass es wirklich ein Beben war. Aufgrund der folgenden Geschehnisse konnten wir den Gedanken an das Beben gut verdrängen. Als es in der folgenden Nacht erneut richtig fühlbar "wackelte", hatte man schon ein wenig Angst.

Unsere Tochter muss sich nun jedes Jahr anhören, dass die Erde zu ihrer Geburt vor Freude gewackelt hat.

Birgit Kretschmann

In der Nacht zum 13. April 1992 wurde ich gegen 3 Uhr durch einen kräftigen Regenschauer wach. Als ich gerade wieder im Halbschlaf war, ging ein leichtes "Rubbeln" durchs Haus. Als dieses "Rubbeln" in Schwingungen überging, war mein erster Gedanke, da fährt eine Bohrmaschine der Zeche Sophia-Jakoba, die zu der Zeit noch Kohle förderte, durch unseren Keller. Der zweite Gedanke war "Da ist in der Kernforschungsanstalt Jülich was passiert". Erst der dritte Gedanke war "Es ist ein Erdbeben".

Ich versuchte, meinen Bruder in Hochneukirch zu erreichen. Doch alle Leitungen waren blockiert. Wir wussten auch nicht, wo das Erdbeben war. Auch in den Medien wurde nur in den 4-Uhr-Nachrichten gesagt, dass es im Rheinland ein starkes Erdbeben gegeben hat. Wir wussten nicht, ob es ein starkes Vorbeben war oder ob noch mit einem stärkeren zu rechnen ist. Außerdem hätten wir uns gewünscht, man hätte uns weitere Verhaltensregeln aufgezeigt.

Zum Glück hat bei uns alles gut gegangen. Das Nachbeben tags darauf haben wir auch ganz bewusst mitbekommen. Da hatten wir noch mehr Angst als zuvor. Aber auch da ist Gott sei Dank nichts passiert

Richard Elschenbroich

Ich habe das Erdbeben verschlafen! Meine Katze, die bei mir im Zimmer war, war den ganzen Abend sehr unruhig, was ich von ihr gar nicht kannte. Als am Morgen mein Radiowecker klingelte, kam in den Nachrichten, dass es ein Erdbeben gab. Da war ich schlagartig wach, und ich wusste, warum meine Katze so gewesen war.

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Ich habe damals in Borschemich gewohnt. Zuerst dachten wir, vom Tagebau wäre ein Bagger umgekippt.

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Ich werde niemals diese grummelnden Sekunden vor dem Beben vergessen. Ich habe Monate lang nicht richtig schlafen können.

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An jenem 13. April 1992 schlief ich friedlich in meinem Studentenappartement im 7. Stock eines Plattenbauhochhauses im elsässischen Straßburg. Als ich plötzlich durch das Klirren der Fensterscheiben, das Klappern der Kassetten in meinem Regal und das Auf- und Zuschlagen der Badezimmertür jäh aus meinen Träumen gerissen wurde. Besonders unheimlich fand ich aber das tiefe Grummeln aus dem Erdreich. In der Dunkelheit meines Zimmers pendelte die Deckenleuchte hin und her, wie bei einer Hochseejacht im Sturm. Die grünen Leuchtziffern meines Radioweckers zeigten 3.20 Uhr. Als mir bewusst wurde, dass es sich um ein Erdbeben handelte, hatte ich plötzlich Todesangst. Wie angewurzelt saß ich senkrecht in meinem Bett und fing an zu beten: "Liebes Haus bleib stehen." Ich fühlte mich der Naturgewalt hilflos ausgeliefert. Im Kopf ging ich alle Möglichkeiten durch, die ich hatte: auf die Straße laufen, nein! Wenn das Haus einstürzt, liege ich ganz unten. Auf den Balkon gehen, nein! Wenn er abbricht . . .

Nach den gefühlt längsten 20 Sekunden meines Lebens war der Spuk vorbei. Schlafen konnte ich in jener Nacht nicht mehr. Ich rief zunächst einen Bekannten an, der ziemlich sauer war, dass ich ihn geweckt hatte und mir unterstellte, ich habe schlecht geträumt.

Von den Ausmaßen des Bebens erfuhr ich am Morgen im Radio. Offensichtlich handelte es sich nicht nur um ein niederrheinisches Phänomen.

Martina K.-Memmesheimer

An das Erdbeben erinnere ich mich sehr genau. Wir waren zu der Zeit gerade im Urlaub in Nordholland auf der Insel Texel, wo die Rheinische Post für die deutschen Touristen verkauft wird, die wir uns als unsere ständige Zeitung auch im Urlaub gerne holen. Jedenfalls war die Schlagzeile für uns so erschütternd, dass wir sofort bei der Familie in Hückelhoven anriefen, was denn passiert sei. Wir sahen schon im Geiste unser relativ neues Haus in Trümmern liegen, Wasserleitungen gebrochen und die ganze Einrichtung zerstört, und wir waren froh, dass die Kinder bei uns waren, so dass wir uns deretwegen keine Sorgen machen mussten. Oma und Opa hatten wir ja schon telefonisch erreichen können, und auch dort war alles in Ordnung. Die beiden waren auch schon längst an unserem Haus in Ratheim gewesen und konnten uns beruhigen.

Als wir aus dem Urlaub zurück waren, ging ich als erstes durch alle Zimmer, um mich selbst zu überzeugen, dass alles gut war. Nichts war durcheinander, alles war heil geblieben und nur im Zimmer meiner Tochter war ein kleines Figürchen vom Regal gefallen, von dem an einer Stelle etwas abgebrochen war. Das Figürchen lag mitten auf dem Teppich, aber das hat mich damals so erschüttert, dass ich mich erst mal hinsetzen musste - mir kam schlagartig zu Bewusstsein, was da eigentlich passiert war und welch riesiges Glück wir gehabt hatten.

Seitdem habe ich immer ein sehr schlechtes Gefühl, wenn ich etwas über ein Erdbeben irgendwo in der Welt lese, dass es uns auch jederzeit wieder treffen kann und dass man dem tatsächlich so hilflos ausgeliefert ist.

Das kleine Figürchen hat jahrelang auf dem Regal meiner Tochter gestanden, bis es bei deren Auszug verloren gegangen ist.

Ulrike Edel

(RP)
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