Krefeld Die Zoo-Chronistin

Krefeld · Bruni Encke dokumentierte fast 40 Jahre lang als Ehefrau von Zoodirektor Walter Encke das Leben im Krefelder Zoo. Ihr umfangreiches Archiv hat sie nun dem Zoo verkauft. Die Kulturstiftung der Sparkasse und die Krefelder Zoofreunde finanzierten das Vorhaben.

Zoo Krefeld: Tolle Fotos von Bruni Encke
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Bruni Enckes Fotos aus dem Krefelder Zoo

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Ein Leben ohne Kamera ist für Bruni Encke kaum vorstellbar. Seit sie 14 Jahre alt ist, schaut sie durch die Linse, hält außergewöhnliche Momente für die Ewigkeit fest. Es gab viele dieser Momente in dem Leben der heute 73-Jährigen, besonders in den 37 Jahren, in denen Bruni Encke ihren Mann Walter bei seiner Arbeit als Direktor des Krefelder Zoos begleitete. Wegweisend war diese Ära, in der der Krefelder Tierpark zu einem renommierten Zoo wurde und durch sein Affentropenhaus weltweit Beachtung fand.

"Jahrelang hat mein Mann mit dem Kölner Architekten Kurt Meywald an dem Konzept für dieses Haus gearbeitet", erinnert sich Bruni Encke, die jeden Baufortschritt im Bild festhielt. 1975 war es dann soweit: Das moderne Affentropenhaus konnte eröffnet werden. Weltweit sorgte das innovative Konzept für Schlagzeilen, die Zoos Köln und Hannover kopierten die Bauweise mit kleinen Abwandlungen. "Für den Krefelder Zoo war das ein Meilenstein", sagt Zoodirektor Wolfgang Dreßen, der seine Laufbahn als Mitarbeiter von Walter Encke begann. Zahlreiche Erinnerungen stecken auch für ihn in dem Fotoschatz von Bruni Encke, der sich nun im Zoo befindet und später seinen Weg ins Stadtarchiv finden soll.

Für einen "kleinen Betrag" im hohen vierstelligen Bereich erwarb der Zoo weit über 8000 Diapositive, rund 10.000 Film-Negative und 1100 Fotoabzüge. Möglich wurde der Kauf dank einer Finanzspritze der Kulturstiftung der Sparkasse, die sich den Betrag mit den Krefelder Zoofreunden teilte. Vorsitzender Friedrich R. Berlemann betont die Bedeutung dieses Archivs, das eine für den Zoo ganz wichtige Zeitachse dokumentiere. "Hochspannend", findet auch Olaf Richter, Leiter des Stadtarchivs, die von Encke gesammelten Werke. Schon bald will er zusammen mit seinen Mitarbeitern bei der Digitalisierung der Sammlung helfen.

Noch befinden sich die Schätze in Mappen, Ordern und Kästen. Alle sind gut dokumentiert und geben einen genauen Einblick in das Zooleben der frühen 60er bis späten 90er Jahre. Viel hat sich seitdem geändert. So sind auf zahlreichen Aufnahmen der 70er Jahre Wildtiere in menschlicher Umgebung zu sehen. Ein Korb junger Leoparden beispielsweise steht im Garten des Direktors, der während dieser Zeit mit seiner Frau und den vier Kindern im alten Bauernhaus im Zoo lebte. Auf einem anderen Bild sind es junge Geparde, die mit ihrem hochstehenden Rückenfell wie kleine Punker aussehen und mitten in der Enckschen Wohnung zu sehen sind.

"Wir hatten auch die Tamanduas in einem Käfig in unserer Wohnung. Sie werden nicht umsonst ,Stinker des Waldes' genannt. Den Geruch musste man aushalten können, wenn man uns besucht hat", erzählt Bruni Encke. Selten gehaltene Tierarten wie die Ameisenbären waren die Spezialität von Walter Encke, der viele Zuchterfolge vorweisen konnte und durch den Verkauf dieser Tiere - auch das war damals noch möglich - den Ankauf neuer Zootiere erst möglich machte. Bruni Encke erinnert sich an die schwierige finanzielle Situation damals. "Von der Stadt haben wir für Tiereinkäufe gar kein Geld bekommen." Zahlreiche Fotos dieser Zuchterfolge bei Tamanduas, Schneeleoparden, aber auch Mähnenwölfen sind ebenfalls im Archiv zu finden.

Es gab aber auch eine Situation, in der hat Fotografin Encke das Fotografieren vor lauter Aufregung glatt vergessen. Es war in den 80er Jahren. Yeye, der damalige Anführer der Schimpansen, hatte einen Baumstamm umgekippt, der auf der Gehege-Absperrung landete, so dass die gesamte Schimpansen-Familie ausbüchsen konnte und frei durchs Affenhaus lief. Während die meisten Tiere freiwillig ins Gehege zurückkehrten, blieb Yeye draußen und musste eingefangen werden. Zur Sicherheit hatten Polizei und Feuerwehr das Affenhaus umstellt. Drinnen versuchte Walter Encke, den Schimpansen zu betäuben. Was er nicht bemerkte: Yeye hatte schon zum Sprung angesetzt, um ihn anzugreifen. "Da hat Tierpfleger Wolfgang Nehring Yeye mit einem Feuerlöscher besprüht und abgelenkt. Dadurch hat er meinem Mann das Leben gerettet", sagt Bruni Encke.

Der Fotografie ist die 73-Jährige bis heute treu geblieben - auch wenn sie jetzt mit einer Digitalkamera arbeitet. Vorbei sind aber die Zeiten, in denen sie und ihr Mann wochenlang mit Zelt und Seesack unterwegs waren. "Kleinere Reisen machen wir noch. Aber abends freuen wir uns jetzt auf ein Bett."

(RP)
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