Krefeld Zombie-Alarm im neuen Theater hintenlinks

Krefeld · Großartige Untote und ein zunächst rätselhaftes Stück gab es zur Wiedereröffnung - und eine Absage an alles Affirmative.

 Großartig zurechtgemachte Zombie-Darsteller erwarteten das Publikum vor der Premiere im Theater hintenlinks.

Großartig zurechtgemachte Zombie-Darsteller erwarteten das Publikum vor der Premiere im Theater hintenlinks.

Foto: Thomas Lammertz

"Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten". So beginnt der Text von Goethes Faust. Genauso begann zwar nicht der Text, wohl aber die Szenerie bei der Wiedereröffnung des Theaters "hintenlinks". Rund 40 stöhnende Gestalten schwankten zunächst durch den Hof, später durch den Zuschauerraum des Theaters. Ein Happening eröffnete den Wiederbeginn nach der Renovierung.

Die Konzeption stammt von Peter Gutowski, der absichtlich den Zusammenhang zwischen dem Auftritt der Zombies mit dem anschließenden Theaterstück nicht verriet. Die Zuschauer sollten selber dahinter kommen. Der Titel des Stücks könnte weiterhelfen: "Das Theater ist tot - es lebe das Theater." Zombies stehen für eine Zwischenwelt zwischen tot und lebendig. Und so sieht Gutowski das herkömmliche Theater. Das alte, traditionelle, etablierte Theater habe kein wirkliches Leben mehr, es dümpele untot vor sich hin. Es sei - frei nach Schiller - an der Zeit, dass Neues aus den Ruinen krieche.

Die Zombie-Darsteller machten ihre Sache ganz hervorragend. Sie hatten sich als Statisten auf einen Aufruf von "hintenlinks" gemeldet. Die Kostüme waren originell, die Maske hatte vorzügliche Arbeit geleistet.

Der Anfang des Theaterstücks sorgte zunächst einmal für Ratlosigkeit. Drei Frauen agierten hinter einem durchsichtigen Vorhang. Birgit Neschen trug ein dadaistisches Gedicht von Hugo Ball vor. Anja Woerts hämmerte in kurzen Folgen aufs Klavier, sprang Beifall heischend auf und legte eine Strichliste für den Applaus an. Sie brachte es auf 20 Striche.

"Hurz", entfuhr es einem Zuschauer in Erinnerung an einen Sketch von Hape Kerkeling. Aber der machte sich über die Huldigung unverstandener moderner Musik lustig. Hier wurde mit den Mitteln des modernen Theaters aufs Korn genommen, wie schematisch im unreflektierten Kulturbetrieb Beifall vom Publikum gespendet - und von Bühnenakteuren registriert wird.

Klar ausgesprochen wurde die Konzeption in einem intensiven Schlussmonolog, engagiert vorgetragen von Anuschka Gutowski. Er stammte aus der Feder Peter Gutowskis, der auch für die Regie verantwortlich zeichnete. Hier musste keiner raten, die Botschaft war eindeutig. Sie richtete sich gegen einen affirmativen Theaterbetrieb, der nicht gewohnte Sicherheiten infrage stellt und nicht zum Nachdenken anregt. Damit sollen nicht etwa Humor und Lachen aus dem Theater verbannt werden. Aber: "Lustiges als Selbstzweck gibt es im Theater nicht, Lachen im Theater ist etwas anderes".

Was, das will das Theater "hintenlinks" in Zukunft zeigen. Dem Theater und seinen Betreibern, dem Ehepaar Gutowski, sei dazu viel Glück und Erfolg gewünscht.

(RP)
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