Krefeld Zeitzeuge: "Seidenweberhaus wurde auf Bierdeckel geplant"

Krefeld · Die Parteien laufen Sturm gegen den Plan, den Betonklotz Seidenweberhaus zum Denkmal zu machen. Ingenieur Raimund Krawinkel erinnert in dem Zusammenhang an ein nicht unwesentliches Planungsdetail.

 Feier zum Richtfest des Seidenweberhauses. Der Bierdeckel, auf dem Heinrich Röhm das Seidenweberhaus zeichnete, liegt laut Raimund Krawinkel nicht mehr vor. Es sei aber kein sechseckiger Diebels-Deckel gewesen, so Krawinkel.

Feier zum Richtfest des Seidenweberhauses. Der Bierdeckel, auf dem Heinrich Röhm das Seidenweberhaus zeichnete, liegt laut Raimund Krawinkel nicht mehr vor. Es sei aber kein sechseckiger Diebels-Deckel gewesen, so Krawinkel.

Foto: Stadtarchiv

Die Geschichte um die Urheberschaft des umstrittenen Krefelder Seidenweberhauses und muss womöglich neu geschrieben werden: Der Krefelder Ingenieur Raimund Krawinkel (80) hat sich anlässlich der derzeitigen Prüfungen der Denkmalwürdigkeit jetzt daran erinnert, dass das Seidenweberhaus einst auf einem Bierdeckel vom damaligen Leitenden Bauamtsdirektors Heinrich Röhm konzipiert wurde. Röhm ließ Krawinkel, Initiator des Schwanenmarktes, in den Sechzigern an seinen Planungen teilhaben. "Wir waren damals begeistert von der Idee", berichtet der Unternehmer Raimund Krawinkel, der den UWG-Antrag, das Seidenweberhaus unter Denkmalschutz zu stellen, sehr begrüßt. "Es wurde schon zu viel in Krefeld abgerissen - Wasserturm, Krefelder Hof, Markthalle. Jetzt muss Schluss sein. Das Seidenweberhaus ist immer noch modern."

Von 1963 bis 1974 wirkte Röhm, der aus Heilbronn kommt, in Krefeld. Er hat auch den Ostbahnhof und Hauptbahnhof in München gestaltet. Seine Pläne für die Gestaltung des Seidenweberhauses habe er ihm im Hochbauamt auf der Wilhelmshofallee präsentiert, sagt Krawinkel. In Krefeld war es dann der Oberbürgermeister Hansheinz Hauser, der die Seidenweberhaus-Pläne dem Rat vorlegte und sich die politische Mehrheit für das Bauwerk sicherte. Der Bau wurde dann von Max Sippel, Bruno Trubert, Rolf Klein, Manfred Oppmann und Otmar Nentwig weiterentwickelt und 1976 eröffnet.

Wie exklusiv am Montag berichtet, droht das Seidenweberhaus Denkmal zu werden. Das LVR-Amt für Denkmalpflege prüft, hat sogar einen zweiten Termin anberaumt, bei dem es weitere Räume begehen will. Die Stadt geht derzeit nicht davon aus, dass eine Denkmalwürdigkeit vorliegt. Die Politik reagiert unterdessen mit Ablehnung auf die Forderung der Unabhängigen Wähler, das Seidenweberhaus unter Denkmalschutz zu stellen. Unsere Zeitung befragte die Ratsfraktionen. Jürgen Wettingfeld, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion, lehnt Denkmalschutz für das Seidenweberhaus strikt ab. Der Dialog mit den Bürgern über die Zukunft des Hauses, wie er derzeit noch geplant ist, würde, so Wettingfeld, "ad absurdum geführt". Er befürchtet, dass der Planungsprozess verzögert werden könnte.

Auch der SPD-Fraktionschef Ulrich Hahnen kritisiert den Denkmalschutzvorschlag: "Egal wie die Zukunft des Seidenweberhauses aussieht, also Abriss oder Grundsanierung, der Denkmalschutz, den wir auch nicht sehen, stände jeder Alternative im Weg. Ein Abriss wäre ausgeschlossen und unter den Auflagen des Denkmalschutzes zu sanieren würde erheblich teurer. Innovative Ansätze zur Modernisierung des Hauses wären dann nur noch schwer zu verwirklichen. Ein Blick in die öffentlichen Kassen zeigt, dass Fördermittel aus Denkmaltöpfen für eine solche Maßnahme nahezu ausgeschlossen sind." Auch die SPD will das Seidenweberhaus zu einem Modell für Bürgerbeteiligung machen.

Grüne und FDP verwiesen darauf, dass die Frage der Denkmalwürdigkeit eine rein fachliche und rechtliche ist. Daniel John, baupolitischer Sprecher der Grünen, verweist auch darauf, dass auch Bauten unter Schutz gestellt werden können, die nicht zu den typisch historischen zählen. "Natürlich müsste ein möglicher Denkmalschutz bei der Bewertung und Kostenanalyse der drei heute vorhandenen Optionen berücksichtigt werden", sagt John.

Auch Joachim C. Heitmann verweist auf die baurechtliche Fragestellung: "Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Politik die Denkmalqualität eines Gebäudes zu beurteilen hat." Die UWG müsse auch darstellen, wie das Seidenweberhaus als Denkmal genutzt werden kann.

(RP)
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