Serie Menschen Im Advent Wie die Baptisten mit Multikulti umgehen

Krefeld · Die Baptisten sind in einem schwierigen Viertel mit Menschen aus viele Nationen beheimatet. Doch die Gemeinde schottet sich nicht ab, sondern macht intensive Quartiersarbeit. Pastor Stechert sagt: "Die Sprache des Herzens wird verstanden."

 "Durch die bunte Zusammensetzung des Viertels treffen unterschiedliche Vorstellungen von Verbindlichkeit, Sauberkeit und politischem Bewusstsein aufeinander - das macht unsere Arbeit nicht einfacher": Baptistenpfarrer Stechert.

"Durch die bunte Zusammensetzung des Viertels treffen unterschiedliche Vorstellungen von Verbindlichkeit, Sauberkeit und politischem Bewusstsein aufeinander - das macht unsere Arbeit nicht einfacher": Baptistenpfarrer Stechert.

Foto: Thomas Lammertz

Frank Stechert (56), Pastor der Baptistengemeinde an der Seidenstraße, ist nicht von Anfang an Baptist gewesen. Er ist in Essen aufgewachsen, ist dort evangelisch getauft und konfirmiert worden: "Ich war immer schon ein gläubiger Mensch und habe 1976 Kontakt zu einer christlichen Teestube bekommen." Die intensive Art, den Glauben zu leben, habe ihn seinerzeit sofort fasziniert: "Gleichzeitig habe ich dort das Angebot eines Netzes gefunden, einer Art Familie - einer Glaubensfamilie und habe mich noch einmal im Glauben taufen lassen." Nach dem Theologiestudium ging es über Dorsten und Recklinghausen nach Krefeld. Hier ist Frank Stechert seit 2009 Gemeindepastor der Baptisten.

Als vordringliche Aufgabe seiner Gemeinde sieht Stechert die Arbeit mit Migranten. Vor etwa drei Jahren hat die Baptistengemeinde begonnen, sich um eine etwa 40-köpfige Gruppe von Persern zu kümmern. Zum einen indem diese Menschen zu Arztbesuchen oder Ämtergängen begleitet werden und Deutschkurse für sie stattfinden: "Sprache ist einfach der Schlüssel zur Integration", hebt Stechert hervor. Zum anderen werden wöchentlich persische Bibelstunden angeboten und die Predigten in Farsi übersetzt. Neben den Persern gewährt die Baptistengemeinde auch einer Gruppe von Tamilen die Möglichkeit, in den Räumlichkeiten an der Seidenstraße ihre Gottesdienste abzuhalten: "Wir bieten damit ein Stück Willkommenskultur", so Stechert.

Eine Herausforderung bietet der Stadtteil, in dem die Baptistengemeinde angesiedelt ist: "Wir haben hier unglaublich viele Nationalitäten auf engem Raum und der Zulauf zu unserer Gemeinde aus dem Viertel könnte besser sein", sagt Stechert. "Durch die bunte Zusammensetzung des Viertels treffen unterschiedliche Vorstellungen von Verbindlichkeit, Sauberkeit und politischem Bewusstsein aufeinander - das macht unsere Arbeit nicht einfacher." Umso wichtiger sei die Arbeit der Jugendreferentin Angelina Kaum, die den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen im Viertel aufnimmt. Angebote wie Hausaufgabenbetreuung und Deutschkurse sowie verschiedene Gruppenangebote, wie zum Beispiel gemeinsames Kochen stehen auf dem Programm: "Regelmäßige Mahlzeiten gehören nicht unbedingt zu den Selbstverständlichkeiten in unserem Viertel", sagt Stechert.

Im Zuge der Einweihung des erweiterten Gemeindezentrums (unsere Redaktion berichtete) sei die Baptistengemeinde dem Bürgerverein des Viertels beigetreten, darüber hinaus habe sie Kontakt mit dem türkischen Kulturverein aufgenommen und versuche sich so mit den Institutionen im Stadtteil zu vernetzen. Stechert berichtet vom Besuch zweier Sozialarbeiterinnen der Stadt, die im Viertel Räumlichkeiten für Angebote für Jugendliche suchten, und freut sich: "Die können wir jetzt bieten!" Als ein regelmäßiges Integrationsangebot der Gemeinde sieht Stechert den sonntäglichen Kindergottesdienst; eine "Krabbelgruppe" sei in Planung.

Er ist zuversichtlich, dass die Öffnung seiner Gemeinde für das Viertel gelingt: "Verstanden wird die Sprache des Herzens. Es ist die Atmosphäre, die die Menschen suchen. Auch wenn sie unsere Sprache nicht verstehen, stellen sie fest, dass hier ein tolles Miteinander herrscht. Das alleine schafft schon ein Wohlfühlklima". Mit Freude beobachte er, dass die Bemühungen beginnen Früchte zu tragen, wodurch die Gemeinde immer "bunter" werde und ergänzt: "Was ich besonders schön finde ist, dass die Gemeinde diesen Wandel aktiv und positiv mitvollzieht".

(RP)
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