Isa Fleischmann-Heck Was Kleidung über die Religion verrät

Krefeld · Die Ausstellung "Krefeld und die Religionsfreiheit" im Museum Burg Linn ist eingebettet in das Projekt "himmelwärts - religiöses Leben an Rhein und Maas" von 50 Museen und Kultureinrichtungen am Niederrhein, sind daran beteiligt. Am Freitag gestalten sie einen öffentlichen Studientag über "Kleidung als Ausdruck christlicher Religiosität". Ein Gespräch mit Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Textilmuseums.

 Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Deutschen Textilmuseums: "Schon in der Spätantike gab es Kleidung für den christlichen Kultus."

Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Deutschen Textilmuseums: "Schon in der Spätantike gab es Kleidung für den christlichen Kultus."

Foto: Stadt KR

Wann haben sich Formen von Kleidung entwickelt, die der christlichen Religion zuzuordnen sind? Welche waren das?

Fleischmann-Heck Bereits in der Spätantike haben sich für den christlichen Kultus Kleidungsformen entwickelt, ebenso hat sich in dieser Zeit wohl eine Form des Mönchhabits herausgebildet. Leider besitzen wir aus dieser Epoche keine originalen Gewänder, sondern sind im Wesentlichen auf schriftliche und bildliche Quellen für einen historischen Überblick angewiesen. Bildliche Darstellungen für die Kleidung in der Messliturgie datieren aus dem frühen Mittelalter, zum Beispiel auf Elfenbeintafeln, die ursprünglich vermutlich als Einbandschmuck dienten. Die liturgische Kleidung, also die Kleidung für den Gottesdienst, ist aus der spätantiken Profankleidung hervorgegangen und hat sich im Laufe der Zeit aus der römischen Amtskleidung entwickelt. Zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert entstand eine spezielle Kleidung für den Gottesdienst, die den Geistlichen von den Laien unterscheidet und repräsentativen Charakter besitzt. Während die Kleidung von Ordensschwestern und -brüdern meist nicht nur im liturgischen Kontext, sondern auch im Alltag getragen wird, differenzieren katholische und evangelische Geistliche zwischen Kultus und privatem Anlass. Während der Messliturgie müssen die Gewänder der Priester, der Diakone und Messdiener Zeichen und zugleich Symbol sein.

Wie haben sich unterschiedliche christliche Gruppen durch ihre Kleidung voneinander abgegrenzt?

Fleischmann-Heck Etwa seit dem 7. Jahrhundert entwickelte sich eine spezielle Sakralkleidung: Die Gewänder für die Amtsträger im Gottesdienst bekamen eine symbolische Bedeutung. Nach der Reformation änderte sich lange Zeit nicht viel, die protestantischen Pfarrer trugen weiterhin Messkleidung. Erst nach 1811 ist der Talar zur Amtstracht und zum Teil der liturgischen Kleidung der evangelischen Pfarrer geworden. Kleidung als Ausdruck von Zugehörigkeit zu einer christlichen Glaubensgruppe ist ein Merkmal von einigen täuferisch-protestantischen Glaubensgemeinschaften, wie den Amischen und Mennoniten, für die lokal begrenzt zeitweise Kleidervorschriften belegt sind.

Wann und warum verlor Kleidung als Ausdruck christlicher Religiosität im privaten Bereich in Deutschland an Bedeutung?

Fleischmann-Heck Im privaten Bereich der christlichen Gläubigen in Deutschland spielt und spielte auch in der Vergangenheit Kleidung als Ausdruck von Religiosität kaum eine Rolle, nur vereinzelt in speziellen Glaubensgemeinschaften sowie im Bereich der Geistlichkeit, der Amtsträger und der Ordensangehörigen, die mit dem Tragen eines Habits persönliche Haltungen und Empfindungen ausdrücken. Im 20. Jahrhundert fanden schließlich entscheidende Umwälzungen statt: Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfuhren sowohl die liturgischen Gewänder als auch die Ordenstrachten Veränderungen. Die Kleidung wurde vereinfacht und passte sich in Einzelfällen der Zivilkleidung an. Bis heute, in einer Zeit vielfältiger Lebensentwürfe, werden von katholischer und evangelischer Seite engagierte Diskussionen über dieses komplexe Thema geführt, die insbesondere die Form der Amtskleidung von Geistlichen, Ordensangehörigen und Laien betreffen.

(RP)
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