Krefeld Walzblei aus Linn für die Kirchen der Welt

Krefeld · Mit Blei dichten Handwerker seit Jahrhunderten die Dächer imposanter Bauten: Auf dem Kölner Dom liegen rund 500 Tonnen auf 12.000 Quadratmetern.

 Dächer des Aachener Doms werden jetzt repariert. Um das Mauerwerk abzudichten, setzen die Handwerker Blei aus Linn ein.

Dächer des Aachener Doms werden jetzt repariert. Um das Mauerwerk abzudichten, setzen die Handwerker Blei aus Linn ein.

Foto: dpa

Die Verarbeitung von Blei hat eine lange Vergangenheit und eine vielversprechende Zukunft. Das Krefelder Unternehmen Röhr + Stolberg vereinigt beides. 1872 in Uerdingen als Familienunternehmen gegründet, ging es Mitte der 1990er Jahre in der englischen Calder Gruppe auf. Gestern setzten die Verantwortlichen in Krefeld am Bruchweg den ersten Spatenstich für eine neue Halle mit 1800 Quadratmetern Grundfläche für zwei Millionen Euro. Das 5600 Quadratmeter große Grundstück an der Autobahn 57 bietet noch Platz für eine weitere neue Produktionsstätte. Insgesamt firmiert das Unternehmen auf knapp 27.000 Quadratmetren Firmengelände. Derzeit ist Röhr + Stolberg als Marktführer in Deutschland und Europa in mehreren Segmenten auf Wachstumskurs. Zu den Branchen der Zukunft zählt der Strahlenschutz und der Großapparatebau. 20 neue Arbeitskräfte sollen beim Mittelständler mit 150 Beschäftigten hinzukommen.

In der neuen Halle, die mit einem Kran für eine Hebelast von 50 Tonnen ausgestattet wird, soll im September die Produktion beginnen. Dann entstehen dort unter anderem Einzelanfertigungen für so genannte "Kabinen für zerstörungsfreie Werkstoffprüfungen". Damit werden zum Beispiel Motorenblöcke oder Leichtmetallfelgen in 3D geröntgt, um Defekte in Größe und Lage entdecken zu können. Diese Qualitätsprüfungen seien zusätzlich sicherheitsrelevant, betont Geschäftsführer Horst Koch. In derselben Halle sollen auch Großtanks für die chemische, die metallurgische und die Stahlindustrie entstehen. Das sind riesige Behältnisse mit Blei ausgekleidet und damit vor Korrosion beim Einsatz von schwefelsäurehaltigen Medien geschützt. In solchen Bädern werden unter anderem Bleche verzinkt oder verchromt.

Positive Geschäftsentwicklungen verbucht Röhr + Stolberg auch im Strahlenschutz. "Dort sind wir vielfältigst unterwegs", berichtet Koch. Der mache 30 bis 40 Prozent des Jahresumsatzes von rund 60 Millionen Euro aus. Breiten Raum nehme die Medizin mit Nukleartechnik und Röntgen ein. Blei schirme die gesundheitsgefährdenden Strahlen ab. So werden ganze Räume mit Bleiabschirmungen versehen, aber auch die Röntgenapparate selbst erhielten ihr Schutzschild.

Zweites Strahlenschutzstandbein sei die Sicherheitstechnik. An Flughäfen würden Gepäck und Fracht durchleuchtet. Auch dort müsse das Personal vor den Strahlen geschützt werden. In Seehäfen würden ganze Lastwagen und Container auf einmal unter die Lupe genommen. Auch für die Entsorgung von Kerntechnik werde nach Lösungen aus Krefeld verlangt, informierte Koch. Für Tschernobyl habe Röhr + Stolberg 400 Tonnen Bleiplatten geliefert, um radioaktive Abfälle einzudecken.

 Selbst für die Geburtskirche in Bethlehem im Westjordanland ist mit Bleiplatten der Firma Röhr + Stolberg repariert worden.

Selbst für die Geburtskirche in Bethlehem im Westjordanland ist mit Bleiplatten der Firma Röhr + Stolberg repariert worden.

Foto: MH

70 Prozent des Umsatzes machen die in Serie produzierten Bleiplatten aus, die als Abdichtungen auf Dächern, an Kaminen und generell in der Bauindustrie Verwendung finden. 25.000 Tonnen verarbeitet das Krefelder Unternehmen jedes Jahr. Mehr als 99 Prozent davon ist Recyclingmaterial.

Die Hälfte der Krefelder Produkte geht ins Ausland. Die Kunden sitzen vor allem in Frankreich, Belgien, Niederlande, Italien, zunehmend Malaysia und Asien. Der Transport erfolgt über die Straße Richtung Seehäfen Hamburg und Antwerpen und von dort zu den Auftraggebern. Weltweit werden jährlich zehn Millionen Tonnen Blei verarbeitet. 85 Prozent davon werden allein für Batterien benötigt.

 Christoph Kissenbeck, Ingo Stengert, Frank Köhler, Heike Goldbach, Horst Koch und Markus Mers (von links) beim ersten Spatenstich.

Christoph Kissenbeck, Ingo Stengert, Frank Köhler, Heike Goldbach, Horst Koch und Markus Mers (von links) beim ersten Spatenstich.

Foto: Thomas lammertz

Röhr + Stolberg ist ein vielfach zertifiziertes Unternehmen mit Zulassung des Bundesamtes für Strahlenschutz. "Wir setzen in unserer Entwicklung auf verbesserte Prozesse und sehr gute Mitarbeiter", erklärte Koch. Für die neue Produktionsstätte sucht der Betrieb Blech- und Maschinenschlosser sowie Bleilöter.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort