Krefeld Walter Dahn - ein junger Wilder im Städel-Museum

Krefeld · Der Krefelder Künstler ist inzwischen 60 Jahre alt. Seine Arbeiten sind in Frankfurt in der Ausstellung "Die 80er. Figurative Malerei in der BRD" zu sehen.

 Walter Dahn und Jirí Georg Dokoupil malten 1980 gemeinsam das Bild "Ohne Titel" (Kotzer II).

Walter Dahn und Jirí Georg Dokoupil malten 1980 gemeinsam das Bild "Ohne Titel" (Kotzer II).

Foto: Lea Gryze © Walter Dahn / Galerie Haas, Zürich / VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Egal wie alt und zurückhaltend er noch wird: Walter Dahn ist und bleibt sein Leben lang ein "Junger Wilder". Als maßgebender Protagonist und Mitbegründer der Mülheimer Freiheit in Köln ist der in St. Tönis geborene Krefelder Künstler untrennbar mit der in den 1980-er Jahren entstandenen neuen Kunstrichtung verbunden.

Noch bis zum 18. Oktober zeigt das renommierte Städelmuseum in Frankfurt die Ausstellung "Die 80er. Figurative Malerei in der BRD" mit Arbeiten der Jungen Wilden aus Hamburg, Berlin und dem Rheinland, zu deren prominentesten Vertreten auch der heute 60-jährige Krefelder Walter Dahn zählt.

 Der 60-jährige Walter Dahn ist Professor an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.

Der 60-jährige Walter Dahn ist Professor an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.

Foto: Hertgen

Dahn ist ein Kind des Niederrheins, der an der Kunstakademie in Düsseldorf bei einem anderen berühmten Krefelder studiert hat. Dahn ist Meisterschüler von Joseph Beuys und folgte seinem Lehrmeister insofern, als dass auch er wichtige Impulse von in der ländlichen Bevölkerung verwurzelten Menschen bekam. Während Beuys in Kranenburg Energie bezog, war es für Dahn die in Lank-Latum lebende Großmutter, die ihn faszinierte. In der Steifheit der Nachkriegsjahrzehnte erlebte er eine an Kultur interessierte Frau, die auch im beschwerlichen Alltag das Träumen nicht versäumte.

Dahn erzählte einmal, dass er seine Großmutter oftmals kochend am Herd mit dem Löffel in der einen und einem guten Buch in der anderen Hand angetroffen habe. Dieser Dahn also sollte sich mit Weggefährten im Kölner Stadtteil Mülheim ein Atelier teilen und ein neues Kapitel der deutschen Kunstgeschichte aufschlagen sowie seine neoexpressionistische Malerei 1982 auf der Documenta 7 in Kassel zeigen.

Den Auftakt der Ausstellung in der Main-Metropole bildet eine Auswahl an Porträts, Doppel- und Selbstporträts. Schon in dieser konzentrierten Zusammenstellung wird deutlich, dass Albert Oehlen, Walter Dahn oder Gerhard Naschberger die Tradition dieser Gattung nicht einfach fortschreiben wollten. Mit ihren vielseitigen Facetten bewegen sich die Porträts zwischen bloßer Abbildung und psychologischem Ausloten des Dargestellten, zwischen Selbsterkundung und oberflächlichem Rollenklischee.

In ihren Bildern reagierten die Künstler der Mülheimer Freiheit, zu denen neben Dahn, Hans Peter Adamski, Peter Bömmels und Jiri Georg Dokoupil gehörten, auf die jüngsten Strömungen in der zeitgenössischen Kunst. Sie parodierten den Kunstbetrieb und entwickelten eine Malerei, die sich durch Direktheit und Spontaneität auszeichnete. Wie die Musiker des Punkrock oder New Wave entschieden sie sich mit der Malerei für eine Disziplin, die sie nicht gelernt hatten - der Dilettantismus gehörte zum Konzept. Ihre Bilder waren banal, klischeehaft, kitschig und zugleich Ausdruck der Begeisterung für das scheinbar überkommene Medium der Malerei. 1982 war die Dynamik des gemeinschaftlichen Arbeitens aufgebraucht und die Gruppe löste sich auf.

Die Arbeiten Dahns sind im 200 Jahre alten Städelmuseum auch über die aktuelle Ausstellung hinaus in der Abteilung "Gegenwartskunst. 1945 bis heute" zu sehen. Das Bild mit dem Titel "Der Höhepunkt des 20. Jahrhunderts" zeigt eine Spirale, auf der sich schemenhafte Figuren einem starken Sog folgend auf ein Zentrum zu bewegen. Ein zweites Werk ist eine mehrfach bearbeitete Schwaz-Weiß-Fotografie mit dem Titel "Der Angriff der Fledermäuse in Max Ernsts Geburtsort". Zu sehen sind dunkle mysteriöse Schatten, die an Fledermäuse erinnern. Die Arbeit steht exemplarisch für Dahns Wirken als Fotograf. Darüber hinaus betätigte sich der Sohn eines Polizeibeamten auch als Tonkünstler und veröffentlichte mehrere Tonträger unter diversen Projektnamen - unter anderem in Zusammenarbeit mit Helmut Zerlett, der als Bandleader in den TV-Shows von Harald Schmidt bundesweite Bekanntheit erlangt hat.

In Frankfurt ist im Übrigen auch ein Bild aus der Sammlung der Krefelder Kunstmuseen ausgestellt - das von Peter Angermann und Jan Knap gemalte großformatige "Flucht aus Ägypten".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort