Krefeld Wahlen mit Offensive für neue Betriebsräte

Krefeld · Arbeitgeber aufgepasst: Die IG Metall kündigte gestern eine Offensive an, um in 20 Krefelder Großbetrieben die Zeit ohne Betriebsräte zu beenden. "Wir haben eine Wunschliste", sagte IGM-Geschäftsführer Ralf Claessen. Im Visier der Gewerkschafter stehen unter anderem Autohaus Borgmann, Henkelhausen, Certuss, XCMG und die Wirtz Werkzeugbau GmbH.

 Von links: Thomas Högel (IG BCE), Thomas Ziegler (DGB), Andrea Grieco (Verdi), Philipp Einfalt (GEW/DGB), Ralf Claessen (IG Metall) und Andreas Kloss (IG Metall).

Von links: Thomas Högel (IG BCE), Thomas Ziegler (DGB), Andrea Grieco (Verdi), Philipp Einfalt (GEW/DGB), Ralf Claessen (IG Metall) und Andreas Kloss (IG Metall).

Foto: nos

Manche Unternehmer scheuen Mitbestimmung und einen Betriebsrat in ihrer Firma wie Teufel das Weihwasser. Diesen Eindruck vermittelten gestern Vertreter unterschiedlicher Gewerkschaften, die im Büro der IG Metall am Ostwall über die bevorstehenden Wahlen informierten. Vom 1. März bis 31. Mai finden in Hunderten Unternehmen in Krefeld die Abstimmungen über die zukünftige Besetzung der Personal- und der Betriebsräte statt. "Doch es gibt auch jede Menge schwarzer Schafe", sagte Ralf Claessen, Geschäftsführer der IG Metall in der Seidenstadt, die "aktiv gegen die Gründung einer Arbeitnehmervertretung" vorgehen. Da werde Druck ausgeübt, Spitzel und Claqueure in Informationsveranstaltungen geschleust und teure Anwälte bemüht, die sich auf das Unterwandern und Verhindern spezialisiert haben, berichtet der Gewerkschafter.

Gleichwohl sieht er "goldene Zeiten für die Arbeitnehmer" hereinbrechen. Im zukünftigen Wettbewerb um Fachkräfte und motivierte Beschäftigte, müssten sich die Betriebe gegenseitig Konkurrenz machen. Wer dabei nicht mit einer überzeugenden Unternehmenskultur, mit attraktiven weichen Faktoren und einer angemessenen Entlohnung überzeugen könne, der werde es schwer haben, orakeln Claessen und seine Kollegen Thomas Högel (IG BCE), Thomas Ziegler (DGB), Andrea Grieco (Verdi), Philipp Einfalt (GEW/DGB) und Andreas Kloss (IG Metall Viersen). Dass die Gewerkschaften dann selbst überflüssig werden könnten, dafür "fehlt mir die Fantasie", sagt der Geschäftsführer der IG Metall in Krefeld.

In seinem Verantwortungsbereich gebe es noch einen "ganzen Schwung von Firmen ohne Betriebsrat", informierte Claessen. Mit einer Offensive wolle er diesen Zustand beenden. 20 Unternehmen stehen auf der Liste der IG Metall, in denen Aktivitäten für die Gründung von Arbeitnehmervertretungen gestartet werden sollen. Claessen nannte gestern das Autohaus Borgmann, die Certuss Dampfautomaten GmbH, Henkelhausen, XCMG und die Wirtz Werkzeugbau GmbH namentlich.

Betriebsräte seien flexibler, als mancher patriarchische Firmenlenker denke, sagte Thomas Högel von der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der beim Spezialchemie-Multi Lanxess im Chemiepark in Uerdingen sein Geld verdient und schon manche Wirtschaftskrise in seinem Berufsleben mitgemacht hat. Es seien nicht selten die Ideen motivierter Mitarbeiter, die sich in Cent und Euro positiv auf das Ergebnis auswirken. Für das duale Miteinander, Tarifautonomie und die geordnete Streikkultur werde die deutsche Wirtschaft vom Ausland beneidet. Gerade in schwierigen Zeiten sei eine Arbeitnehmervertretung in der Lage, passgenaue Lösungen zu liefern. Dazu gehörten im schlimmsten Fall auch Lohnverzicht und unentgeltliche Mehrarbeit.

Philipp Einfalt von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist derzeit kommissarischer Vorsitzender des DGB Krefeld. Er machte in seiner Auflistung beispielhaft deutlich, um was sich Personal- und Betriebsräte alles kümmern würden: Der Bereich beginne bei den Tarifüberprüfungen und reiche bis zur Gleichstellung. Sie hätten die Umweltgesetzgebung ebenso im Blick wie die Wiedereingliederung von Langzeitkranken. Es gehe um die Einhaltung der Pausenregelung, die Kontrolle der Arbeitsbedingungen, um Sozialräume, Urlaubspläne, Unfallprävention und Integration. Die Reihe lasse sich noch umfangreich fortführen, betonte Einfalt.

In den kommenden drei Monaten seien die Arbeitnehmer aufgerufen, an den Personal- und Betriebsratswahlen teilzunehmen. Beim vergangenen Mal habe die Beteiligungsquote in Krefeld bei 76,9 Prozent gelegen. In den Fällen, in denen eine Personenwahl statt Verhältniswahl möglich gewesen sei, habe die Quote sogar 85 Prozent betragen, informierte Claessen. Deutschlandweit riefen 28.000 Betriebsräte zur Wahl auf, um 180.000 Betriebsratsmandate zu besetzen.

Am Dienstag, 27. Februar, wirbt der Deutsche Gewerkschaftsbund ab 7 Uhr am Krefelder Hauptbahnhof für die Betriebsratswahlen. "Wir verteilen einschlägiges Informationsmaterial an die Pendler", sagte Einfalt. Parallel findet eine vergleichbare Aufklärungs-Aktion am Bahnhof in Kempen für den Kreis Viersen statt.

(sti)
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