Krefeld Vorzeitiger Abschied vom Kresch-Theater

Krefeld · Nach fünf Jahren verlässt Michael Jezierny Krefeld. Der Leiter des Stadtkinder- und -jugendtheaters hat hier magische Momente erlebt. Er glaubt aber auch, dass Krefeld sein Potenzial nicht ausschöpft und es an Selbstbewusstsein fehlt.

 Michael Jezierny im Kresch-Büro. Hier hat er fünf Jahre lang die Geschicke des Stadtjugendtheaters geleitet.

Michael Jezierny im Kresch-Büro. Hier hat er fünf Jahre lang die Geschicke des Stadtjugendtheaters geleitet.

Foto: ped

Es liegt nicht daran, ob die Erwartung vorher hoch oder gering ist. Der Zauber packt einen, doch warum das so ist, lässt sich nicht erklären. "Manchmal sitzt du im Theater und plötzlich reißt es dich", sagt Michael Jezierny. Fünf Jahre lang hat er das Stadtkinder- und -jugendtheater geleitet. Und da hat es ihn bei manchen Produktionen gerissen. Das neue Theaterjahr beginnt am Wochenende ohne ihn. Der 64-Jährige verlässt Krefeld vorzeitig - aber nicht im Streit. "Es sind private Gründe", sagt er. Seine Frau ist beruflich ans Münsterland gebunden. Die ständige Pendelei habe viel Energie geraubt. Vom Familienwohnsitz aus will er künftig freiberuflich arbeiten.

Jezierny geht nicht leichten Herzens, zumal die Nachfolge noch nicht geklärt ist. "Die Stelle soll aber neu ausgeschrieben werden", sagt er. Der gebürtige Berliner hat sich in Krefeld wohlgefühlt. "Als alter Stadttheatermann war ich den großen Apparat gewohnt. Den gibt es beim Kresch nicht. Dafür aber viele engagierte Menschen, die Theater machen wollen. Mit dieser Energie werden im Zusammenspiel von allen unmögliche Dinge möglich gemacht."

Ein Blick zurück: Als Jezierny vor fünf Jahren ans Kresch kam, war das mit 50.000 Euro dotierte Programm zur Autorenförderung der Sparkassen-Kulturstiftung gerade ausgelaufen. Sparen war angesagt. "Ein Jahr später hatten wir den Nothaushalt, da mussten wir vieles zurückfahren. Doch heute steht das Kresch wieder stabil da", sagt Jezierny, der hier Management-Aufgaben hatte. Die Auslastung in der Studiobühne der Fabrik Heeder liege bei etwa 80 Prozent. "Damit sind wir sehr zufrieden", zumal das über dem Landesschnitt liegt. Theater gerade für junge und auch ganz kleine Zuschauer hält er für existenziell: "Es kann wesentlich sein für die Persönlichkeitsbildung. Im Theater sieht man, wie alles auch anders sein kann. Es werden Probleme thematisiert und Lösungsmöglichkeiten gezeigt, die man bisher nicht kannte. Das kann Schule so nicht leisten. Und beim Theaterspielen erfahren junge Leute Teamgeist. Sie engagieren sich nicht jeder für sich selbst, sondern gemeinsam für das Produkt. Theaterspielen ist sehr körperlich. Viele gehen über ihre Grenzen hinaus und lernen sich ganz anders kennen. Es ist spannend, zu erleben, was eine Rolle mit einem machen kann." Das Kresch ist seit seiner Gründung vor mehr als einem Vierteljahrhundert auch ein Sprungbrett für Theaterkarrieren." So mancher Kreschler hat sich für eine Ausbildung an Schauspielschulen entschieden oder für einen bühnentechnischen Beruf.

Die Anerkennung des Kresch durch die Krefelder freut ihn. Dass Gregor Kathstede als Oberbürgermeister in finanziell schwierigen Zeiten zur Premiere eines Vorschulkinder-Stücks kam, sei ein wichtiges Zeichen gewesen, und dass Oberbürgermeister Frank Meyer bei der Spielzeiteröffnung war, unterstreiche den Stellenwert des Kresch . Das gebe Rückhalt, um neben den gut laufenden Produktionen auch zu wagen, was nicht Mainstream ist. Auch wenn das nicht immer Publikumserfolge würden. Dass "Weißbrotmusik" - ein Stück über Flüchtlinge - nicht so zog, bedauert er. Zu seinen Favoriten zählt er "Nathans Kinder", "Romeo und Julia" und "Der Prozess". "Oft habe ich gestaunt, welcher Qualitätssprung zwischen Proben und Premiere war." Kulturell hält er Krefeld für gut aufgestellt mit seinem vielfältigen Angebot von der freien Szene bis zu den städtischen Instituten. "Aber ich habe den Eindruck, dass das Selbstbewusstsein ,Wir sind eine klasse Stadt' nicht da ist. Ich halte es für einen Fehler, wenn nicht auch mal große Gedanken gespielt werden, damit sich Dinge entwickeln. Was im Samtweberviertel passiert, ist toll, die Häuser Esters und Lange sind sensationell." Vermissen wird er den Wochenmarkt, das Kaiser-Wilhelm-Museum und den Egelsberg.

(RP)
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