Serie Heimat Von der Schule geht's direkt in den Reitstall

Krefeld · Die zwölfjährige Joyce verbringt ihre gesamte Freizeit auf dem Gelände des Reitvereins Bayer Uerdingen. Dort macht sie auch Hausaufgaben.

Ein Leben ohne Pferde - für Joyce undenkbar. Schon ein Tag ohne Stallgeruch ist für die Zwölfjährige nur schwer erträglich. Wie gut, dass es solche Tage nur im Notfall gibt - wenn beispielsweise ein Arztbesuch ansteht. Ansonsten ist Joyce Kowalczik tagtäglich auf dem Gelände des Reitvereins Bayer Uerdingen am Hökendyk zu finden. Dort stehen "Duke" und "Godiva", die Lieblinge der Montessori-Schülerin.

Der neunjährige Hengst und die 15-jährige Stute sind Joyce tierische Partner. Auf "Duke" lernt sie das Springen und übt für Vielseitigkeits-Wettkämpfe, mit "Godiva" macht sie Dressurreiten.

"Zuerst war Joyce nur dreimal in der Woche im Reitstall. Doch sie hat so sehr gebettelt, öfter dort sein zu dürfen, dass wir ihr erlaubt haben, jeden Tag direkt nach der Schule zum Reitverein zu gehen, der glücklicherweise in der Nähe der Schule ist", erzählt Mutter Claudia Kowalczik.

Eine Bedingung hatten die Eltern jedoch: Die Schule sollte unter dem zeitintensiven Hobby der Tochter nicht leiden müssen. "Viele haben uns davon abgeraten, Joyce so oft in den Verein gehen zu lassen. Letztendlich kam es aber anders. Jetzt ist sie sogar besser in der Schule als vorher", sagt die Mutter.

Mit den Schulsachen im Gepäck wandert Joyce nach dem Unterricht zum Reitstall. Hat sie nach der fünften Stunde aus, kommt sie noch rechtzeitig, um die Pferde von der Koppel zu holen. Anschließend macht sie sich in der Küche des "Reiterstübchens" ihr Essen warm, bevor sie sich an die Hausaufgaben setzt. Durchs Fenster kann sie dabei in die Reithalle schauen - ein idealer Lernort für die Siebtklässlerin. "Wenn ich mal nicht weiter weiß, gibt es hier immer jemanden, der mir bei den Aufgaben helfen kann. Auch alle meine Freundinnen sind in dem Verein."

Laura ist Joyce beste Freundin und ebenso gerne im Stall. Gemeinsam pflegen die Mädchen die großen Tiere, führen sie am Strick über das Gelände, reiten sie ein oder trocken, je nach Bedarf. Es ist ein arbeitsintensives Hobby, das sich die beiden ausgesucht haben. Trotzdem kommt für Joyce und Laura nichts anderes in Frage. "Es macht einfach unglaublich viel Spaß. Ich fühle mich im Reitstall zu Hause und bin gerne mit den Leuten hier zusammen", sagt Joyce.

Auch die Eltern sind inzwischen im Vereinsleben aktiv, auch wenn sie selbst nicht reiten. Helfen geht trotzdem. Und da lassen sich die beiden nicht lange bitten. "Es ist schon toll, wenn eine solch engagierte Familie im Verein ist. Das ist leider nicht oft der Fall", sagt Katja van de Flierdt. Ihr gehört "Duke", auf dem sie schon viele Vielseitigkeitswettkämpfe erfolgreich bestritten hat. "Wenn es richtig zur Sache geht, dann kommen wir in Fahrt", beschreibt sie das Gefühl, auf einem Pferderücken quasi über Hindernisse zu fliegen.

Ihre Begeisterung hat sie an Joyce weitergegeben, die sie seit einem knappen Jahr trainiert. Von dem Pflichtbewusstsein der Zwölfjährigen ist die Vollblut-Reiterin beeindruckt. "Auf Joyce kann ich mich immer verlassen. Sie macht ihre Sache wirklich sehr gut. Es macht Spaß, sie zu trainieren." Auch Elisa Kähler, die Besitzerin von "Godiva", ist froh, dass sie in Joyce eine engagierte Mitstreiterin gefunden hat. "Seit einem halben Jahr ist sie meine Reitbeteiligung, und es klappt sehr gut."

Abends, irgendwann nach 18 Uhr, endet für Joyce der Tag im Stall. Dann hat sie trainiert, Pferde gepflegt und geputzt, aber auch ihre Hausaufgaben erledigt, und wird von den Eltern abgeholt.

Natürlich ist die Zwölfjährige auch am Wochenende im Stall. Und in den Ferien? Vater Michael lacht: "Da sind wir natürlich auf einem Reiterhof, sonst wäre es für Joyce ja kein Urlaub. Und für uns dann auch nicht."

Informationen zum Verein unter www.reitverein-bayer-uerdingen.de

(RP)
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